_ "Dilemma - Warum wir unsere Ressourcen zerstören, obwohl wir es doch besser wissen"

__ Zweite Auflage; G.Mair, Novum Verlag, 2023

Meme nach Dawkins

 

3. Meme - eine Theorie für die Evolution (nicht nur) der menschlichen Kultur

 

Replikatoren als Träger der Evolution

Die Kernthese von Dawkins ist, dass nicht die Arten oder die einzelnen Lebewesen im Darwinschen Auslesewettbewerb stehen, sondern die Gene. Er geht von der "Ursuppe" aus, in der einfache Moleküle, wie schon Aminosäuren, herumschwammen (Wenn sich die Reaktionen im freien Wasser abgespielt haben, was man nicht weiß, standen allein im obersten Meter der Meeresoberfläche ca. 10 hoch 46 Wassermoleküle zur Verfügung, und das hunderte von Millionen Jahre lang, Anmerkung GM). Irgendwann passierte das "unwahrscheinliche" Ereignis, dass sich ein Molekül bildete, was Kopien seiner selbst herstellen konnte - Dawkins nennt es einen Replikator.
Die Replikatormoleküle breiteten sich "automatisch" aus, und durch Baufehler entstanden Varianten.
Wesentliche Qualitätsmerkmale der Replikatoren sind die Langlebigkeit, die Reproduktionsgeschwindigkeit und die Wiedergabetreue.
Stets lief alles nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit (so wie es im Zimmer wahrscheinlich kälter wird, wenn man im Winter das Fenster öffnet, und nicht wärmer - der Chemiker würde sagen, die Entwicklung der Replikatoren folgte dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik, Anmerkung GM).
Später, als aufgrund der immer schnelleren Vervielfältigung Bausteine knapp wurden, kamen Varianten zu Vorteil, die sich Hüllen bauten und andere Hilfsmittel.
Zitat: "Es überlebten diejenigen Replikatoren, die um sich herum Überlebensmaschinen bauten. ... Die Überlebensmaschinen wurden größer und perfekter, und der Vorgang war kumulativ und progressiv. ... Sie haben einen weiten Weg hinter sich, diese Replikatoren. Heute tragen sie den Namen Gene, und wir sind ihre Überlebensmaschinen."

Kulturelle Evolution

Auf Neuseeland gibt es Vögel, bei denen etwa neun Gesangsvarianten existieren, von denen jedes Männchen jeweils nur wenige beherrscht, und die sich im Lauf der Jahre verändern - eine "sprachliche" Evolution im Tierreich. Die menschliche Sprache verändert sich über die Generationen, durch Weitergabe und Vervielfältigung.
Dawkins zieht die Parallele zu den Genen, mit den Kennzeichen Langlebigkeit, Reproduktionsgeschwindigkeit und Wiedergabetreue, und nennt die kulturellen Replikatoren "Meme".
Ein Mem ist eine Ideeneinheit. Eine Melodie, die Mona Lisa, der Minirock, der Glaube.
Zitat: "Greifen wir ein spezielles Beispiel heraus: Ein Aspekt der Lehre, der auf sehr wirkungsvolle Weise religiösen Gehorsam erzwungen hat, ist die Drohung mit dem Fegefeuer. ... Sie ist äußerst wirksam. Fast scheint es, als sei sie von einer in tiefenpsychologischen Unterweisungstechniken ausgebildeten macchiavellischen Priesterschaft mit Bedacht ersonnen worden. Doch ich bezweifle, dass die Priester derart schlau waren ... Die Vorstellung des Fegefeuers setzt sich wegen ihrer tiefgreifenden psychologischen Wirkung ganz einfach von allein endlos weiter fort. Sie ist mit dem Gott-Mem verknüpft, weil beide Meme sich gegenseitig verstärken, und das eine jeweils zum Überleben des anderen im Mem-Pool beiträgt."

Gehorchen die Meme auch (nur) den Gesetzen der Statistik?

Zitat: "Was wir bisher nicht in Betracht gezogen haben, ist, dass ein kulturelles Merkmal sich einfach deshalb so entwickelt haben mag, wie es sich entwickelt hat, weil es für sich selbst von Nutzen ist. ... Nachdem die Gene einmal ihre Überlebensmaschinen mit einem Gehirn ausgestattet haben, das zu rascher Imitation fähig ist, werden die Meme automatisch das Ruder übernehmen. ... Dann werden sich Meme herausbilden, die diese Fähigkeit bis zum äußersten ausnutzen."
Dawkins schließt das Kapitel mit einer Beobachtung und einer offenen Frage:
Zitat: "Ein Merkmal des Menschen, das einzigartig ist, ... ist seine Fähigkeit zu vorausschauendem Denken. Egoistische Gene, ... auch Meme, besitzen keine Voraussicht. Sie sind blinde Replikatoren ohne Bewußtsein. ... Von einem einfachen Replikator, ob Gen oder Mem, kann man nicht erwarten, dass er auf kurzfristig erreichbare egoistische Vorteile verzichtet, selbst wenn sich dies auf lange Sicht tatsächlich auszahlen würde."
Zitat: " Wir sind als Genmaschinen gebaut und werden als Memmaschinen erzogen, aber wir haben die Macht, uns unseren Schöpfern entgegenzustellen. Als einzige Lebewesen auf der Erde können wir uns gegen die Tyrannei der egoistischen Replikatoren auflehnen".





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