_ "Dilemma - Warum wir unsere Ressourcen zerstören, obwohl wir es doch besser wissen"

__ Zweite Auflage; G.Mair, Novum Verlag, 2023

Überschussenergiehaus durch solar betriebene Wärmepumpe

 

Fallbeispiel Überschussenergiehaus

März 2018

 
           Neubau 2016, 200 m2, 2 Wohneinheiten

Dass abgebildete Haus (zwei Wohneinheiten, Baujahr 2016) ist ein Überschussenergiehaus. Es speist deutlich mehr Energie in das Stromnetz ein als es für Heizung, Warmwasser und Strom verbraucht.

Dies gelang mit folgenden Einzelbausteinen:

1. Haustyp
Das Haus ist ein Standard-„5-Liter“-Fertighaus (Primärenergieverbrauch laut Energieausweis  34 kWh/m2*a), ausgeführt als Holzständerbau mit etwa 40 cm dicker Dämmung aus Steinwolle und Styropor. Die Fenster haben einen U-Wert von 0,5 W/m2*K (Dreifachverglasung). Die Heizung erfolgt über den Fußboden.
Es ist eine abschaltbare Zwangslüftung eingebaut, in der über paarweise Gebläse Luft gefördert wird, jeweils im Minutentakt in gegenläufiger Richtung, sodass ein Teil des Wärmeverlustes aufgefangen werden kann. Die Lüftung ist jedoch üblicherweise außer Betrieb und es wird über Fenster gelüftet.

 
                                             Anzeige Wechselrichter (sonniger Juli-Nachmittag)
links Südseite, rechts Nordseite
Aus der Halbjahresenergiemenge (Zahl rechts unten) errechnet sich ein relativer Wirkungsgrad des Norddaches von 73 %

2. Photovoltaikanlage
Das Satteldach mit einer Neigu
ng von 28 Grad ist nord-südseitig ausgerichtet. Sowohl die Südseite (12 kWpeak) als auch die Nordseite (11 kWpeak nominal, 7 kWpeak effektiv) sind nahezu vollständig mit PV-Platten belegt, es resultiert eine 19 kWpeak-Anlage.

 
  Wärmepumpe (vorne)
Gastherme (links dahinter an der Wand)
Pufferspeicher: 1 m3 für Warmwasser (vorne)
3 x 1 m3 für Heizung (hinten)

3. Wärmeerzeuger
Es ist eine Grundwasser-wärmepumpe mit einer Leistung von  2 kW (elektrisch) und 7 kW (thermisch) installiert. Zur Reserve und für Schneephasen  ist eine Gastherme vorhanden, sodann einige Elektroheizstäbe mit je 2-4 kW Leistung (Steuerung siehe weiter unten).

4. Pufferspeicher
Zur Nachtspeicherung sind 4 x 1 m3 Pufferbehälter vorhanden. Brauchwasser wird durch einen innenliegenden Wärmetauscher (Doppelspiralrohr mit Gegenströmer) erzeugt. Die Fußbodenheizung nutzt direkt das Wasser in den Puffern.

5. Steuerung
Das Grundprinzip besteht darin, die Wärmepumpe tagsüber weitgehend mit Solarenergie zu betreiben, um die Puffer zu laden, die die Nacht – Heizung und Brauchwasser – überbrücken. Dazu wurde eine frei programmierbare Steuerung eingesetzt.

                                                               Steuerungsschema (Eingangsbildschirm)
Man kann ablesen: Ca. 13,5 kW Stromproduktion und Lieferung, nahezu kein Hausverbrauch
Linker Puffer (Warmwasser) auf 60 Grad geladen
folgender Puffer (Heizung) auf 45 Grad geladen
folgender Puffer (Warmwasser-Reserve /Sommerbetrieb) auf 70 Grad geladen (elektrisch)
rechter Puffer (außer Funktion/Sommerbetrieb) auf Raumtemperatur


Es werden verschiedene Zustände unterschieden:

a) Kalte Jahreszeit (geregelt über Außentemperatur ca. 4 Grad, ca. 4 Monate): Ein Pufferspeicher für Brauchwasser (60 Grad), drei Pufferspeicher in Serie für Heizwärme (45 Grad).

b) Warme Jahreszeit (ca. 8 Monate): Ein Puffer für die Brauchwasserspeicherung (60 Grad, wie oben), ein Puffer für die Heizwärme (45 Grad), ein Puffer wird elektrisch geheizt (70 Grad) – er dient dem Nachladen des Brauchwasserspeichers, wenn dieser nicht ausreichen sollte- , und der vierte Puffer ist kalt (siehe Abbildung oben).  

Sodann
c) Dunkle Jahreszeit (geregelt über Datum, ca. 4 Monate): Die 2-kW-Wärmepumpe schaltet bereits bei z. B. 0,7 kW Solarleistung ein. Dabei werden zwar (maximal) 1,3 kW aus dem Stromnetz benötigt, aber der Hebel „thermische Leistung : netzelektrische Leistung“ beträgt immer noch gute 5. Andernfalls würde die Wärmepumpe zu selten bzw. zu kurz anspringen.

d) Helle Jahreszeit (ca. 8 Monate): Die Wärmepumpe startet erst bei 2 kW Solarleistung, d. h. es wird kein Netzstrom benötigt.

 
  Die unten vorgestellte Jahresenergiebilanz beinhaltet 6 Wochen Schneephase

e) Schneelast: Ohne PV-Leistung wird mit Gas geheizt (ebenso, wenn Wärempume nicht genügend liefert). Man könnte die Wärmepumpe natürlich auch mit Netzstrom betreiben, dies wurde jedoch aus netzrelevanten Gründen verworfen (Gas lässt sich leichter speichern und transportieren als Strom).

f) Elektroheizung: Wenn die PV-Anlage mehr liefert als Wärmepumpe plus elektrische Hausverbraucher benötigen, wird der Stromüberschuss mit dazu benutzt, die Speicher auf ihre Solltemperatur (s.o.) zu heizen.  So kann der vor allem um die Mittagszeit oft hohe PV-Überschuss von einigen kW auch für den Eigenverbrauch genutzt werden.



 
                Jahresenergiebilanz Wärme + Strom
Betrachtungszeitraum: 1.1.17-31.12.17
Di
e Solarproduktion betrug 20630 kWh/a, davon wurden 1220 kWh/a von den Haushalten genutzt und 5370  kWh/a für die Wärmepumpe. Der Rest von 14040 kWh/a wurde eingespeist.

Energiebilanz: Minus 7 Tonnen CO2 jährlich

Die nebenstehende Tabelle
zeigt die Energiebilanz. Pro Jahr werden nach Abzug der Gas-Heizenergie und des Netzstromverbrauchs der beiden Haushalte netto rund 14 000 kWh eingespeist, dies entspricht einem Netto-CO2-Erlös von knapp sieben Tonnen/a.
Mit dieser Menge kann man etwa ein weiteres Haus derselben Größe, jedoch gebaut  gemäß Neubauverordnung („8-Liter-Haus“), mit Energie versorgen (Tabelle unten).  




              

Fazit

Der Deutsche emittiert jährlich rund 10 t CO2 (Stand 2009).
Etwa 40 % des privaten Energieverbrauchs  entfallen dabei auf Hausenergie plus Stromverbrauch (siehe).

 
   

Wer baulich die Möglichkeiten hat, kann auf diesen Sektoren seine persönliche Energiewende mit heutiger Technologie problemlos vollziehen – insbesondere da sich Wärmeenergie in Form von warmem Wasser leicht und billig speichern lässt, was sie von elektrischer Energie- man denke an die E-Mobilität - heute deutlich unterscheidet. 
Eine Nachrüstung mit einer 10-15 kWh-Batterie zur Nachtspeicherung des PV-Stroms zur Steigerung des Eigenverbrauchsanteils wäre ein weiterer Schritt zur Dezentralisierung des Energieverbrauchs, zur Einsparung von Stromtrassen und zur Stabilisierung der Netze.



Ein Drei-Minuten-Video zum selben Inhalt siehe "Überschussenergiehaus".

Vortrag, gehalten 2018 für ATTEK (Arbeitskreis Tegernseer Tal für Energie und Klima)
Kurzvortrag 2020



Quellenangaben und Anmerkungen

Graphik "Negativenergiehaus"
(1) spezifischer CO2-Ausstoß für Erdgas 200 g/kWh thermisch
Quelle: V. Quaschning, HTW Berlin, abgerufen 3.7.17
vgl. Heizöl 280, Steinkohle 340, Braunkohle 360 g CO2/kWh thermisch
Spezifischer CO2-Ausstoß für deutschen Strommix 558 g CO2/kWh elektrisch
Quelle: Umweltbundesamt,  "
Entwicklung der spezifischen Kohlendioxid-Emissionen des deutschen Strommix in den Jahren 1990 bis 2013", Climate Change 23/2014.
Die Zahl entspricht einer Mittelung von Atomstrom und erneuerbarem Strom (CO2-Emission null) und fossilen Kraftwerken (58% des deutschen Strommixes). Ein Kohlekraftwerk mit einer Ausbeute von 30% hat einen Ausstoß von ca. 1600 g CO2/kWh elektrisch  

Graphik "konventioneller Neubau"
(1) Die Zahlen sind überschlägig und dienen der Bestimmung der Größenordnung. "8 l Öl/m2 pro Jahr" entsprechen grob der Neubauverordnung. Der deutsche Durchschnitt liegt bei etwa 14 l Öl/m2 pro Jahr.
(2) Das Beispiel ist mit Gas (nicht Öl) für Heizung und Warmwasser gerechnet.