__________________________________ Das Buch: "Dilemma - Warum wir unsere Ressourcen zerstören, obwohl wir es doch besser wissen"

______________________________________________ Zweite Auflage; G.Mair, Novum Verlag, 2023

Madagaskar: Umgang mit natürlichen Ressourcen im Lauf der Geschichte           zum Video: Madagaskar - Schatztruhe der Evolution
                                                                                                                                                                           Madagascar - Treasure Chest of Evolution

 

Mensch und Natur

Die älteste archäologische Evidenz für eine menschliche Besiedlung datiert um 0 u. Z. und besteht aus dem bearbeiteten Knochen eines - heute ausgestorbenen - Flusspferdes (1).
Damit wurde Madagaskar sehr spät entdeckt, etwa im selben Zeitbereich wie die Osterinsel - bekannt durch ihre Steinskulpturen herstellende Hochkultur, deren Untergang heute der Zerstörung der insularen Bioressourcen (Wald) zugeschrieben wird - oder Hawaii, beides Inseln, die mehrere Tausend Kilometer Abstand zum nächsten Festland haben.
Die Erstbesiedelung erfolgte auch nicht über die 400 km breite Straße von Mosambik, sondern von Indonesien aus (über den indischen Ozean), vermutlich mit hochseefähigen Ausleger-Segelbooten, mit denen auch Polynesien über mehrere tausend Jahre hinweg entdeckt und bereist worden war. Spätere Einwanderer aus Afrika wurden assimiliert, sodass die madagassische Sprache in all ihren regionalen Ausprägungen der austronesischen Sprachfamilie zuzuordnen ist.

Im 9. Jh.war die Ostküste, im 12. Jh. die Westküste an vielen Stellen besiedelt. Im 12. bis 13. Jh. lässt sich auch im zentralen Hochland durch Pollenanalyse und Holzkohledatierung nachweisen, dass die Brandhäufigkeit angestiegen war und der Waldbestand abnahm (3).

 
         Heiliger Baum in Vohemar (2014)
             rechts die Regeln ("fady")

Es etabilierte sich eine Religion, die vom Glauben an die Macht der Ahnen dominiert ist (die Parallele zu Kulturen in Polynesien ist sicherlich kein Zufall). Damit einher gehen Regeln oder auch Tabus ("fady"), die auch die Landnutzung betreffen können (Betretungsverbot, Nutzungsverbot, Nutzung nur für gewisse Zwecke oder nur nach gewissen Ritualen).

Die Königin Ranavalona I erließ 1881 ein Gesetz, das Brandrodungsfeldbau und die Zerstörung oder Besiedelung des Waldes verbot. Der Grund hierfür war allerdings weder ökologisch noch ökonomisch, sondern dadurch sollte der Zugang für angreifende Kolonialmächte erschwert bleiben (4).  

Die Kolonialmacht Frankreich (1896-1960) verbot ebenfalls den Brandrodungsfeldbau - um die Landwirtschaft hin zur Herstellung von Exportgütern (Kaffee, Nelken, Vanille, Pfeffer) zu entwickeln und so ihren wirtschaftlichen Gewinn zu maximieren (4). Holz wurde ebenfalls exportiert.

Das erste Naturschutzgebiet wurde in der französischen Kolonialzeit 1927 geschaffen. Heute (Stand 2003) sind 44 Gebiete in drei Schutzstufen kategorisiert, mit insgesamt 17 000 km2, 2,9 % der Fläche Madagaskars. Dazu kommt ein "Ökoregion-Programm", das im wesentlichen für räumlich getrennte Schutzgebiete einen Biotopverbund erreichen will. Eine Vorschlagsliste für weitere Schutzgebiete von bisher noch nicht oder mangelhaft erfassten Biomen, typischerweise in Trockengebieten, liegt vor (5).

Während der Ersten Republik (1960-1972) begann eine verstärkte Entwicklung verbesserter Landwirtschaftstechniken, darunter für Reisanbau, Erosionskontrolle, Wiederaufforstung (4).

1975 brachte eine sozialistische Revolution Madagaskar in eine lange Rezession, die städtische Armut wuchs. Mehr Einwohner produzierten selbst wieder Nahrung (zeitgleich mit geringeren staatlichen Kontrollen der Landnutzung) (6).
Die Produktion von Exportnahrungsmitteln ging zurück, der Brandrodungsfeldbau nahm zu (4).

1985 wurde eine internationale Konferenz über die Ökosysteme der madagassischen Wälder ausgerichtet, die in Antananarivo, der Hauptstadt Madagaskars, stattfand.

Zwischen 1992 und 1999 stieg die Besucherzahl des Nationalparks "Tsingy de Bemaraha", einem der spektakulärsten auf der Westseite Madagaskars, von 128 auf 2517 Personen (7).

Nach den politischen Krisen 2002 und 2009 sank jeweils die nationale Anstrengung und die internationale Zusammenarbeit. Touristenzahlen fielen, um sich erst langsam wieder zu erholen.  




Quellenangaben
(1) R. MacPhee, D. Burney, "Dating of modified femora of extinct dwarf Hippopotamus from southern Madagascar...", Journal of Archaeological Science 18: 695-706 (1991) 
(2) S. Goodman et al. Ed., "The Natural History of Madagaskar" (Chicago: The University of Chicago Press, 2003)
(3) H. Wright, J. Rakotoarisoa, "The Rise of Malagasy Societies: New Developments in the Archaeology of Madagascar", in (2)
(4) P. Kistler et al., "Comparing Agricultural Systems in Two Areas of Madagascar", in (2)
(5) B. Randrianandianina et al., "The Role of the Protected Areas in the Management of the Island's Biodiversity",
in (2)
(6) M. Fenn, "Learning Conservation Strategies: A Case Study of the Parc National d'Andohahela", in (2)
(7) V. Rasoloarison et al., "Tsingy de Bemaraha", in (2)





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