__________________________________ Das Buch: "Dilemma - Warum wir unsere Ressourcen zerstören, obwohl wir es doch besser wissen"

______________________________________________ Zweite Auflage; G.Mair, Novum Verlag, 2023

High Nature Value (HNV) Farming: Ein europäischer Ansatz zum Biodiversitätserhalt auf Landwirtschaftsflächen

 

"HNV-farming" - Landwirtschaft mit hohem Naturwert

Der folgende Artikel betrachtet ein Naturschutzthema im europäischen Rahmen.

Europa (EU 27) bzw. Deutschland haben eine Landfläche von 4307 (357) Tausend Quadratkilometer, die zu 44,2% (55,6%) als Landwirtschaftsfläche genutzt wird. Diese zerfällt grob in 60 % Ackerland und 40 % Grünland (1).
Leben braucht Fläche - die Arten brauchen ihre Habitate.
Und die Erkenntnis setzt sich durch, dass wenige Naturschutzzonen nicht ausreichen, um den Artenschwund zu stoppen - ohne die landwirtschaftliche Fläche geht es nicht.

Aus der Sicht der Europäischen Union stellt sich die Entwicklung - stark vereinfacht -wie folgt dar:

                   EU         Süddeutschland     Region um Mannheim
                                  Natura 2000-Gebiete
      Quelle: Eionet (2), Stand 2011
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1979 wurde die Vogelschutz-Richtlinie verabschiedet, und, diese mit berücksichtigend, 1992 die Habitat-Richtlinie (auch FFH- [Flora-Fauna-Habitat-] Richtlinie), um "Natura 2000" zu schaffen, ein europaweites Netzwerk geschützter Flächen. Dieses umfaßt heute 17,5% (15%) der Fläche der EU (Deutschlands).
            Die Flächen sollen gefährdete Arten schützen (4). Sie wurden von den Nationalstaaten deshalb aus heute schon ökologisch wertvollen Gebieten ausgesucht, darunter Nationalparks, Naturschutzgebiete, Naturland wie Gebirge oder Sümpfe. Landwirtschaftliche Flächen kamen in der Auswahl nur untergeordnet vor.

2012 mußte die EU jedoch feststellen, dass der Artenschwund in Europa - wie auch weltweit - nicht gestoppt war, und schloss sich den "Aichi-Zielen" (benannt nach einer japanischen Präfektur (3)) der Vereinten Nationen, die 2010 eine Biodiversitätsstrategie zum Stopp des Artensterbens 2011-2020 formuliert hatten, mit einer eigenen Strategie an. 
Die EU-Biodiversitätsstrategie 2020 formuliert in Bezug auf die Landwirtschaft:
- In Anlehnung an die Aichi-Ziele der UN,
- unter Berücksichtigung des Finanzrahmens des Agrarhaushaltes (CAP, Common Agricultural Policy),
- während Ökosysteme und Biodiversität einen hohen ökonomischen Nutzen haben,
- sowie 65% der Habitate und 52% der Spezies unter der FFH-Richtlinie einen ungünstigen Erhaltungsstatus haben,
- sowie die Landwirtschaft eine erhebliche Rolle bei der Zielerreichung spielt,
soll der Agrarhaushalt weniger für Direktsubventionen von Ernteprodukten, sondern mehr für ökologisch wirksame Maßnahmen, darunter Landwirtschaft mit hohem Naturwert, eingesetzt werden. Die sogenannte "Säule I" der Direktzahlungen soll "grüner" gemacht, und die "Säule II" für Strukturmaßnahmen entsprechend orientiert werden (5).



Quellenangaben und Anmerkungen
(1) Eurostat (Statistiken / allg. Statistiken / Bodenbedeckung), abgerufen 5.11.13. Die Angaben beziehen sich auf EU27.
Die restliche Landfläche von Europa (Deutschland) ist Wald mit 41,2% (32,9%), versiegelte Fläche mit 4,6% (7,7%), "Sonstiges" mit 4,6% (7,7%). Unter "Sonstiges" fallen Gewässer, Feuchtgebiete, Heide, vegetationsloser Boden.
Die Landwirtschaftsfläche zerfällt in Ackerland mit 24,7% (33,1%) sowie Grünland mit 19,5% (22,5%).
(2) Karten aus "Natura 2000 Viewer", Eionet (European Topic Centre on Biological Diversity), abgerufen 3.11.13.
(3) COP 10 (Conference of the Parties) der CBD (Convention on Biological Diversity, Biodiversitätskonvention) der UN (United Nations, Vereinte Nationen) 2010 in Nagoya, in der Präfektur Aichi (Japan). Dort wurden die "Aichi-Ziele" zum Stopp des Artensterbens bis 2020 formuliert (Aichi-Targets). Quelle: CBD
(4) Liste der europäischen gefährdeten Arten nach FFH-Richtlinie. Für Anhang-II-Arten müssen Schutzgebiete ausgewiesen werden, Anhang-IV-Arten sind streng geschützt (Tötungs-, Fang- und Störungsverbot), für Anhang-V-Arten sind Regeln zur Entnahme und Nutzung festzulegen. Quelle: BfN (Bundesamt für Naturschutz).
(5) EU-Biodiversitätsstrategie bis 2020 (englisch), verabschiedet 2012; Aussagen zur Landwirtschaft siehe Paragraphen 57-72. Quelle: Europäische Kommission