_ "Dilemma - Warum wir unsere Ressourcen zerstören, obwohl wir es doch besser wissen"

__ Zweite Auflage; G.Mair, Novum Verlag, 2023

EU-Recht und deutsches Recht in Theorie und Praxis

 

Die Rechtslage zum Naturschutz

März 2024

1. Schutzwald und Jagd

Der auf den vorangegangenen Seiten dargestellte Zielkonflikt zwischen Schutzwaldanlage, Jagdmethoden und Naturschutzrecht wurde im Managementplan (1) deutlich angesprochen. Allerdings wurde die "Einleitung und Sicherung der Verjüngung von Waldbeständen ..." und die "ordungsgemäße Jagdausübung" als prinzipiell unkritisch genannt. Einschränkend wurden Maßnahmen auf lichten, halboffenen und offenen Lebensräumen als konfliktträchtig anerkannt. Sofern eine Maßnahme zu einer erheblichen Beeinträchtigung (z. B. der betroffenen Offenland-Vogelarten) führen können, sei eine Verträglichkeitsprüfung erforderlich.
"Ordnungsgemäße Jagdausübung" ist nach geltendem bayerischen Recht auch die ganzjährige Jagd in den Schonzeitaufhebungsgebieten - dies wurde im Text des Managemenplans nirgends als möglicher Konfliktfall erwähnt.

Die Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal (SGT, ein regionaler anerkannter Umweltverband) hatte in einer Stellungnahme zum Managementplanentwurf nach diesem Rechtskonflikt gefragt. Die Antwort lautete, dass die Staatswaldbewirtschaftung kein "Projekt" im Sinn des EU-Rechtes sei und daher keine Verträglichkeitsprüfung erforderlich sei. Analoges gelte für ganzjährige Jagd.
Der Verein "Wildes Bayern e. V.", ein Verein zum Schutz der Wildtiere, hatte 2021 zu diesem Thema beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof geklagt, die Revision lag Anfang 2024 beim Bundesverwaltungsgericht.


2. Tourismus

Eine zweite Sammlung von Konflikten besteht zwischen Naturschutz und Tourismus. Dies ist insbesondere bedrohlich, da nicht nur die Anzahl der "Erholungssuchenden" zunimmt, sondern auch deren Reichweite und Mittel. Das E-Bike ermöglicht ein tieferes Eindringen; Skitouren- und Schneeschuhgeher, Wanderer und Gleitschirmflieger werden immer mehr und "Events" wie nächtliche Begehungen werden zunehmend angeboten.

Die EU-Rechtslage im FFH/SPA-Gebiet ist dergestalt, dass die Schutzziele für die Staaten und ihre Organe (hier also z. B. die Bayerische Forstverwaltung) bindend ist, nicht jedoch für den einzelnen Bürger (Privatwaldbesitzer, privater Jäger, Almbetreiber, Tourist). Bezüglich der zweiten Gruppe spricht ein Management-Maßnahmenplan also nur Empfehlungen aus.
Diese wurden im vorliegenden Managementplan (2) reichlich gegeben, hier eine kurze beispielhafte Liste:

  • Besucherlenkung
  • Ausweisung von Schutzgebieten zur Vermeidung von Störungen etwa in der Brut- und Aufzuchtzeit
  • Aufklärung mit verstärkten Kontrollen; bei mangelnder Wirksamkeit Einrichtung rechtlich hinterlegter Ruhezonen
  • Nennung kritischer Aktivitäten: Schneeschuh-/Skitour, Biwakieren, nächtliche Touren, Jagd, Drohnenflug, Gleitschirmflug, Hubschrauberflug
  • Löschung sensibler Wanderwege aus Karten und Onlineportalen

 
Die Realisierung müsse lokal erfolgen, beispielsweise über das Landratsamt.

Kommentar des Autors: Aufgrund des zunehmenden Nutzungsdrucks scheint eine klarere Vorgabe von Regeln, deren Kontrolle und Sanktionierung erforderlich. Dies ist beim Straßenverkehr üblich - man denke an Geschwindigkeitskontrollen - und wird auch in Naturschutzgebieten (NSG) stärker realisiert. Ein Natura-2000-Gebiet ist demgegenüber in der Öffentlichkeit nahezu unsichtbar.
So ist selbst im Landschaftsschutzgebiet (LSG) "Tegernseer Tal und Umgebung" (ein LSG verkörpert einen schwächeren Naturschutz als ein NSG), das dem Natura-2000-Schutzgebiet direkt benachbart ist, ein Verbot für die Störung "der Natur durch Lärm und Licht" und für wildes Lagern oder Zelten ausgesprochen. Das weiter oben genannte Wildschutzgebiet Rotwand war ein wichtiger und richtiger Schritt, dort zeigte sich jedoch umgehend das Problem der Umsetzung: Skitourengeher hielten sich nur mangelhaft an das Betretungsverbot.

Wenn wir dem Artenschwund im Bergland entgegentreten wollen, brauchen wir in Bezug auf die Nutzung des Berglandes - durch Forsten, Jagd, Almbetriebe und Touristen - auf Bundes-, Landes- und regionaler Ebene tatsächlich teilweise zusätzliche Regeln (und deren sanktionsbewehrte Durchsetzung). Auch die Straßenverkehrsregeln oder die Verkehrsampel wurden erst erfunden, als es "zu viele" Autos gab!
Wir benötigen weniger schöne Worte und mehr Taten!




Quellen und Anmerkungen
(1) Managementplan Teil II- Fachgrundlagen für das SPA-Gebiet "Mangfallgebirge", Entwurf, Bayerische Forstverwaltung, 2023
(2)  Managementplan Teil I- Maßnahmen für das SPA-Gebiet "Mangfallgebirge", Entwurf, Bayerische Forstverwaltung, 2023





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