_ "Dilemma - Warum wir unsere Ressourcen zerstören, obwohl wir es doch besser wissen"

__ Zweite Auflage; G.Mair, Novum Verlag, 2023

Das Schutzwald-Dilemma

 

Lichte Flächen oder Sanierung?

März 2024

Wie auf der vorigen Seite dargestellt, sind 87 % des Waldes im Natura-2000-Schutzgebiet als "Schutzwald" ausgewiesen. Die Karte unten zeigt (orange) die sogenannten Sanierungsflächen, in denen konkret nachgepflanzt wird. Der Bayerische Staat legt jährlich für einen zweistelligen Millionenbetrag rund 2000 ha (zwei Quadratkilometer) Neukulturen an, in denen typischerweise ein Setzling von Fichte, Tanne, Kiefer Eiche usw. je 1-10 Quadratmeter gepflanzt wird. 

                                                         Schutzwaldsanierung
blaue Linien: Sanierungsgebiete; orange Flächen: Sanierungsflächen
Quelle: SPA-Managementplan 2023 (1)
                                                Naturwald mit Schutzwaldsanierung
Die Grafik ist eine Überlagerung zweier Karten
dunkelbraun (einmal mit grünem Kreis markiert): Naturwald
orange (einmal mit orangem Kreis markiert): Sanierungsfläche
mittelbraun (einigemal mit schwarzem Kreis markiert): Überlapp Naturwald-Sanierungsfläche
Quelle: FFH- und SPA-Managementplan 2023 (1, 2); Bildmontage durch Autor

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Im Schutzgebiet liegen etwa 3650 ha "Naturwald", das sind knapp 32 % der Waldfläche. Naturwald ist von der Bewirtschaftung, d. h. der kommerziellen Holzentnahme, ausgeschlossen. Die Karte oben zeigt, dass an vielen Stellen auch im Naturwald "saniert", d. h. nachgepflanzt, wird (z. B. in den schwarz gekennzeichneten Kreisen). Warum ist das so? Da Schutz von Straßen vor Lawinen nicht erkennbar ist, ist wahrscheinlich der Schutz des Bodens ein häufiger Grund. Etwas überrascht jedoch, dass auch im Naturwald, dessen Bestimmung ja die Erhaltung und Förderung eines natürlichen Zustandes ist, solche Pflanzungen - Eingriffe in die natürliche Sukzession - durchgeführt werden.
Zudem steht in einer Verwaltungsvorschrift zum Bayerischen Wald-Gesetz / Naturwaldflächen, dass "jegliche aktive Maßnahmen zur Waldverjüngung" zu unterbleiben hätten (3).

   
                                       Balzender Auerhahn
Quelle: Sgbeer (7)

Die dichte Bepflanzung bei einer Sanierungsmaßnahme hat offensichtlich ein geschlossenes Waldstück zum Ziel. Das widerspricht prinzipiell dem Natura-2000-Ziel, den Rückgang lichter Waldbestände zu stoppen. Wurde hier auf Naturschutzkonflikte geprüft? Zum Teil liegen Sanierungsflächen auf geförderten Almen (4) oder direkt neben geschwendeten Flächen (5) (6).

Deutlich dramatischer wird dieser Konflikt beim Vergleich mit den Auerhuhn-Vorrangflächen, die im Managementplan nach Geographie und nach Fundpunkten bestimmt wurden. Wie bereits beschrieben, benötigt das Auerhuhn Wald mit lichten Strukturen, die durch Aufforstung als gefährdet gelten.
Die Karte unten zeigt die Vorranggebiete (grüne Flächen), und man kann ablesen, das häufig innerhalb dieser Gebiete aufgeforstet wird. Wie passt das zusammen?

                                    Auerhuhn-Vorrangflächen mit Schutzwaldsanierung
Die Grafik ist eine Überlagerung zweier Karten
grün: Auerhuhnvorrangflächen; gelb und rot: Fundpunkte
blassorange (mehrfach durch gestrichelten Kreis hervorgehoben): Sanierungsfläche
braun (mehrfach durch durchgezogenen Kreis hervorgehoben): Überlapp Auerhuhn-Vorrangfläche mit Sanierungsfläche
Quelle: SPA-Managementplan 2023 (1); Bildmontage durch Autor

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Es gibt noch eine weitere Konfliktlinie, diese betrifft die Wilddichte. Dazu mehr auf der nächsten Seite.



Quellenangaben und Anmerkungen
(1) Managementplan Teil II- Fachgrundlagen für das SPA-Gebiet "Mangfallgebirge", Entwurf, Bayerische Forstverwaltung, 2023
(2) Managementplan Teil II - Fachgrundlagen für das FFH-Gebiet "Mangfallgebirge", Entwurf, Bayerische Forstverwaltung, 2023
(3) Verwaltungsvorschrift 7904-L, Naturwälder in Bayern gemäß Art. 12a Abs. 2 des Bayerischen Waldgesetzes (BayWaldG), Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Artikel 7, Absatz 7.1.2, Satz 2, 2020
(4) Die EU-Förderung dient der Motivation für den Almwirt, seinen Grund weiter zu bewirtschaften, um die Flächen offen zu halten, die ohne Weidenutzung in Wald übergehen würden.
(5) Schwenden: Mechanische Entfernung von Gehölz- und Baumaufwuchs auf Weideflächen
(6) Dr. Miller, Vortrag "Wildtiere - Schädlinge oder Ikone", 2024
(7) wikimedia commons