__________________________________ Das Buch: "Dilemma - Warum wir unsere Ressourcen zerstören, obwohl wir es doch besser wissen"

______________________________________________ Zweite Auflage; G.Mair, Novum Verlag, 2023

Mögliche Folgen des Klimawandels für ökologische Systeme einschließlich des Menschen

 

Konsequenzen

Der 5. IPCC-Bericht von 2013/2014 greift den in den vergangenen Jahren gestiegenen Stand des Wissens auf, um auch Beobachtungen und Prognosen außerhalb des geo-pyhsikalisch-chemischen Bereiches vorzustellen.
Dies betrifft Tiere und Pflanzen, Ökosysteme und den Menschen.
Der grundsätzliche Ereignis- und Aktionsraum wird wie folgt beschrieben (1):

  • Gefahr (z.B. Überschwemmung) plus
  • Exponiertheit (Menschen, sonstige Lebewesen, Ökosysteme sind anwesend) plus
  • Empfindlichkeit (die Überschwemmung hat eine schädigende Wirkung) plus
  • Risiko (wie wahrscheinlichlich ist die Überschwemmung)
  • --> Konsequenz (Landtiere gestorben, Ernte vernichtet, Häuser zerstört)

Der Umgang mit den Konsequenzen kann bestehen aus

  • Anpassung (den Wohnort wechseln, einen Damm bauen) oder
  • Transformation (Wertewandel bezüglich des "globalen Managements", dies beinhaltet nachhaltiges Wirtschaften inklusive des Klimathemas und gesellschaftliche Aspekte wie Armutsbekämpfung)

Widerstandsfähigkeit zeichnet soziale, wirtschaftliche und ökologische Systeme aus, die langfristig mit den Gefahren umgehen können, ohne ihre Identität und Strukturen zu verlieren.

 
         Beeinflussung von Ernteausbeute durch Klimawandel
              für vier wichtige Getreide und zwei Klimazonen

                                zwischen 1960 und 2013
Y-Achse: Ausbeuteveränderung pro Dekade (%)
X-Achse v.l.n.r.: Tropisch; gemäßigt; Weizen; Soja; Reis; Mais
Balken: Median; farbiger Bereich: 75%-Perzentile; weiß: 90%-Perzentile
Zahlen in Klammern: Anzahl der verwendeten Datensätze
Quelle: IPCC 2014 (2)

Es folgen Beispiele für Konsequenzen aus beobachteten Daten der Vergangenheit sowie mit Prognosen.

Rechts dargestellt ist die Veränderung der Ernte-Ausbeute als Folge klimatischer Veränderungen, beobachtet in den vergangenen 50 Jahren. Sie verschlechtert sich vielen Fällen, zwischen 0 % (tropische Regionen sowie Soja) und 2 % (Weizen). Man beachte die relativ großen Fehlerbalken, die den Stand des Wissens bzw. der Datengüte widerspiegeln.


 



 

   
                                            Einfluss der Versauerung auf Mollusken, Krebstiere und Korallen
oben: Karte mit prognostizierter pH-Veränderung bis 2100 (Szenario RCP8.5)
         gelb: Mollusken- (Muscheln, Schnecken) und Krebstierfischerei mit heute > 5 kg/km2 Ausbeute
         rot: Warmwasserkorallen, grün: Kaltwasserkorallen
unten: Beeinflussung von Mollusken / Krebstieren / Kaltwasserkorallen / Warmwasserkorallen durch den pH
          y-Achse: Zahl der untersuchten Spezies in %
          violett: kein Effekt; hellviolett: positiver Effekt; dunkel: negativer Effekt
          Balken v.l.n.r.: Kontrolle = 380 ppm; RCP4.5; RCP6.0; RCP8.5; RCP8.5 im Jahr 2150 (Zahlen in ppm Partialdampfdruck CO2)
          Zahlen über den Balken: Untersuchte Spezies
Quelle: IPCC 2014 (3)
 

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Oben ist der Einfluss der Versauerung der Ozeane auf das Wachstum von Muscheln, Schnecken und Krebstiere - an Lokationen, wo sie geerntet werden - und von Kalt- und Warmwasserkorallen dargestellt. Weichtiere und Warmwasserkorallen sind am empfindlichsten. Im Szenario RCP8.5 werden bis 2100 im Durchschnitt aller betrachteten Arten etwa 40 % geschädigt sein, im Jahr 2150 zwischen 40 % und 100 % je nach Tiergruppe.

Die untenstehende Graphik zeigt die Veränderung der maximalen Fischbestände in regionaler Auflösung für etwa 1000 Arten. Die Effekte liegen häufig oberhalb von plus / minus 50 %. Man liest eine Steigerung für viele gemäßigte Bereiche ab (mit Ausnahme des Südpazifik), sowie eine Verschlechterung für die meisten tropischen Regionen sowie die Antarktis. In Summe wird für 2100 eine Verringerung prognostiziert.

   
                                          Veränderung des maximalen Fischfangpotenzials
Prognose 2051-2060 im Vergleich zu 2001-2010
etwa 1000 Spezies untersucht; Versauerung und etwaige Überfischung nicht berücksichtigt
Quelle: IPCC 2014 (3)
 

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           Maximale Wandergeschwindigkeit von Arten und Klimageschwindigkeit
y-Achse: Geschwindigkeit in km / 10 Jahre
schwarz: Median / weiß: Fehlerbalken der maximalen Wandergeschwindigkeit der Spezies
bunt: Mittlere Klimageschwindigkeit 2050-2090 für verschiedene Szenarien
Spezies v.l.n.r.: Bäume / Blattpflanzen / Paarhufer / Fleischfressende Säugetiere / Nagetiere / Primaten / pflanzenfressende Insekten / Süßwasserweichtiere
Quelle: IPCC 2014 (3)



Die Graphik rechts zeigt die Maximalgeschwindigkeit der natürlichen Wanderung verschiedener Pflanzen- und Tiergruppen, dargestellt im Vergleich zur klimatischen Wanderung der entsprechenden Temperaturzonen. Man liest ab, dass z. B. im Szenario RCP8.5 eine beliebige durchschnittliche Temperaturgrenze im Flachland pro Jahr um 7 km in Richtung Pol wandert.
Die abgebildeten Pflanzengruppen, Nagetiere und Primaten schaffen es nicht, sich mit gleicher Geschwindigkeit in diese Richtung auszubreiten.
Zu beachten ist, dass menschliche Einflüsse, z. B. Fragmentierung von Habitaten oder Transport, einen stark bremsenden oder beschleunigenden Effekt haben können.


Oben dargestellt wurden Beispiele von Konsequenzen für Pflanzen und Tiere. Diese münden regelmäßig in Konsequenzen für den Menschen, der als Lebewesen von dem ihn umgebenden biologischen Gegebenheiten (neben den physikalisch/chemischen Gegebenheiten, wie Temperatur, Niederschlag, Verschmutzung) abhängig ist - für sein Überleben und Wohlbefinden (Der Begriff "Ökosystemdienstleistungen" sucht diese Zusammenhänge zu erfassen).
Der IPCC-Bericht nähert sich dieser Thematik an, obwohl bezüglich der Fakten- und Erkenntnislage "das Eis immer dünner wird", da die Zusammenhänge nochmals komplexer werden, gegenüber der parameterärmeren reinen Klimavorhersage. Ziel ist es letztlich, Entscheidungsgrundlagen für Politiker und Wähler, Wirtschaftsakteure und Konsumenten, Menschen in armen und reichen Regionen zu schaffen, um Bedrohungsrisiken bewerten und abwenden zu können, die sich über Jahrzehnte und länger entwickeln.
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                                                                       Globale Muster klimabedingter Effekte
Beobachtungszeitraum: Die vergangenen Dekaden
Kategorien v.o.n.u.: blau: Gletscher/Schnee/Eis/Permafrost; Flüsse/Seen/Überflutung/Dürre; Küstenerosion/Meeresspiegel
grün: Land-Ökosysteme; Brand; Meeres-Ökosysteme
rot: Nahrungsmittelproduktion; Lebensbedingungen/Gesundheit/Wirtschaft
ausgefüllt: Klimawandel hat größeren Anteil an Effekt; umrandet: Klimawandel hat geringeren Anteil an Effekt
Datengüte: 1 Balken = sehr gering; bis 5 Balken = sehr hoch
Quelle: IPCC 2014 (2)
       






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Die obenstehende Graphik zeigt, in grob qualitativer Weise, auf großräumiger Skala wahrscheinliche Konsequenzen mit indirekter oder direkter Auswirkung auf den Menschen. Die Darstellung beruht auf aktuellen Studien (seit dem vorangegangenen 4. IPCC-Bericht 2007) über die vergangenen Jahrzehnte, beinhaltet also keine Prognosen.
Die regional aufgelösten Inhalte der Symbole werden hier (englisch) erläutert.

Einen Blick in die Zukunft wagt die Tabelle "regionale Schlüsselrisiken" ("assessment box", englisch), die Risiken sowie Anpassungs- und Verringerungspotenziale für heute / 2030-2040 / 2080-2100 darstellt. Für die Klimaszenarien sind 2-4 Grad Steigerung angenommen, für die Anpassung der heutige Stand bzw. ein vorstellbarer hoher Stand.



Auswahl von Kernsätzen (1)

a) Analyse der Vergangenheit

- Viele Land-, Süßwasser- und Salzwasserspezies haben geographische Ausbreitung, jahreszeitliches Verhalten, Wanderungsbewegungen, Vorkommen und Interaktion mit anderen Spezies klimawandelbedingt verändert (hohe Datengüte). Während bisher nur wenige Artenauslöschungen dem aktuellen Klimawandel zugeordnet werden (hohe Datengüte), wurden signifikante Auslöschungen vor Jahrmillionen durch langsamere Klimaveränderungen als heute ausgelöst (hohe Datengüte).       

- Auswirkungen des Klimawandels auf die Ernte waren häufiger negativ als positiv (hohe Datengüte). Weizen und Mais waren im globalen Durchschnitt negativ betroffen (mittlere Datengüte). In den vergangenen Jahren war eine Korrelation zwischen raschen Getreide- oder Nahrungspreissteigerungen und Klimaextremen in Schlüsselproduktionsregionen zu beobachten (mittlere Datengüte).

- In einigen Regionen waren klimaänderungsbedingt zunehmende Hitzetodesfälle bzw. abnehmende Kältetodesfälle zu beobachten (mittlere Datengüte). Die räumliche Verteilung wasserübertragener Krankheiten und Schädlinge hat sich lokal verändert (mittlere Datengüte).

- Ökonomische, soziale und politische Randgruppen sind stärker exponiert und haben weniger Anpassungsmöglichkeiten (mittlere Datengüte).

- Klimabedingte Extremwetterereignisse (wie Hitzewellen, Trockenheit, Sturm, Flut, Waldbrände) zeigen schon heute die Verletzlichkeit von Ökosystemen und menschlichen Systemen (sehr hohe Datengüte).

b) Prognosen

- Erneuerbares Oberflächenwasser und Grundwasser wird in den meisten subtropischen Trockenregionen abnehmen, sodass der Wettbewerb um Wasser zunimmt (hohe Datengüte). Die Wasserqualität wird sich verschlechtern durch die Temperaturerhöhung sowie Sedimente, Nährstoffgehalt, Verunreinigungen, die sich durch Dürre / Überflutung erhöhen (mittlere Datengüte).

- Die höheren Emissionsszenarien riskieren abrupte und irreversible regionale Veränderungen von Struktur und Funktion terrestrischer und Süßwasser-Ökosysteme, einschließlich Feuchtgebieten (mittlere Datengüte).
Als mögliche Fälle sind genannt: Borealer Wald, Amazonasgebiet, Torfgebiete und Permafrostgebiete (inklusive drohendem Methanverlust), Waldsterben durch Hitze- und Trockenheitsempfindlichkeit. 

- Marine Überschwemmungen und Küstenerosion wird bei kleinen Inseln und niedrigliegenden Entwicklungsländern jährliche Schäden von einigen Prozent des Bruttosozialproduktes verursachen.

- Die temperaturbedingte globale Umverteilung der marinen Spezies (s. Karte weiter oben) wird zu hohen lokalen Aussterberaten in den Tropen und halboffenen Meeresgebieten führen (mittlere Datengüte), sowie die Gefahr der Überfischung in den benachteiligten Regionen erhöhen (hohe Datengüte).

Die Versauerung bedroht am stärksten polare Ökosysteme und Korallenriffe, mit Einflüssen vom Phytoplankton bis zu den Tieren (mittlere Datengüte). Weitere Einflüsse wie Temperaturerhöhung und geringerer Sauerstoffgehalt wirken zusammen mit ggf. lokalen Effekten wie Verschmutzung verstärkend (hohe Datengüte). Davon sind Fischerei und Existenzgrundlagen betroffen.

- Für die wichtigen Getreidesorten Weizen, Reis und Mais wird, regional unterschiedlich, die Ernte bis 2050 um über 10 % steigen bis zu mehr als 25 % abnehmen. Danach werden sich die Effekte verstärken, sowie die Unterschiede von Jahr zu Jahr zunehmen (mittlere Datengüte). In globaler Summe wird die Erntemenge klimabedingt sinken.

- Städte, insbesondere solche in ungünstiger Lage und mit mangelhafter Infrastruktur und schlechter Bauqualität, werden zunehmend betroffen (z. B. durch Überflutung, Trockenheit, Luftverschmutzung, Wasserknappheit, Erdrutsche) (sehr hohe Datengüte).

- Ländliche Gebiete sind durch die Veränderungen in Wasserverfügbarkeit, Nahrungssicherheit und landwirtschaftlichem Einkommen betroffen. Es wird eine Verschiebung von Nutzpflanzen-Produktionsgebieten auf der ganzen Welt geben. Überproportional betroffen sind arme Regionen mit begrenztem Zugang zu Land, Infrastruktur, Technologie und Bildung.

- Ökonomische Konsequenzen sind schwierig abzuschätzen. Aus den Schätzungen der letzten 20 Jahre werden für eine Temperatursteigerung um zwei Grad 0,2-2 % Bruttosozialprodukt-Verlust pro Jahr angegeben. Für mehr als drei Grad liegen wenige Untersuchungen vor. Der inkrementelle ökonomische Schaden pro weiterer Tonne Kohlendioxid wird mit zwischen wenigen und wenigen Hundert Dollar pro Tonne Kohlenstoff angegeben. Die Schätzungen hängen stark vom Diskontsatz ab (mittlere Datengüte).
(Erklärung des Begriffes des Diskontsatzes im Zusammenhang mit Ökosystemdienstleistungen)
Ein aktuelles Beispiel: Laut einer OECD-Studie sterben in China jährlich 1,3 Millionen Menschen an den Folgen der Luftverschmutzung. China plant deshalb in den nächsten vier Jahren Maßnahmen zur Senkung der Emissionen und rechnet mit einer Reduzierungswirkung auf das Bruttosozialprodukt von 0,1 % pro Jahr (4).

- Der Gesundheitszustand vor allem in Entwicklungsländern mit niedrigem Einkommen wird sich verschlechtern, durch Hitze, Zunahme an Krankheitsträgern und Unterernährung bei zurückgehender Nahrungsproduktion (hohe Datengüte).

- Der Klimawandel kann indirekt das Risiko gewalttätiger Konflikte erhöhen, indem bekannte Treiber wie Armut und Wirtschaftskrisen verstärkt werden. Wanderungsbewegungen werden zunehmen (mittlere Datengüte).

- Der Klimawandel wird das ökonomische Wachstum abschwächen, und dadurch einerseits die Verringerung der Armut erschweren, andererseits neue Armutsfallen schaffen, vor allem in städtischen und ländlichen Gebieten mit zunehmenden Einkommensunterschieden und abnehmender Nahrungsmittel-Versorgungssicherheit (mittlere Datengüte). 




Quellenangaben
(1) IPCC 5th Assessment Report, Working Group II, 2014; dort: Summary for Policymakers
(2) Wie (1), Kap. A-1. Observed Impacts, Vulnerability, and Exposure
(3) Wie (1), Kap. B-2. Sectoral Risks and Potential for Adaptation
(4) FAZ vom 27.5.14, "Luftverpestung tötet jährlich 1,3 Millionen Chinesen"



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