_ "Dilemma - Warum wir unsere Ressourcen zerstören, obwohl wir es doch besser wissen"

__ Zweite Auflage; G.Mair, Novum Verlag, 2023

Globale Treibhausgase ab 1750: Wirkung, Verursacher, Historie, Szenarien

 

Treibhausgase im globalen Zusammenhang und Emissionsszenarien

 

 
                                  Die wichtigsten Strahlungsauslöser 2011 im Vergleich zu 1750
linke Spalte: langlebig: CO2, Methan, Halogenkohlenwasserstoffe, Lachgas; kurzlebig: Kohlenmonoxid, flüchtige organische Verbindungen außer Methan, Stickoxide; Aerosole und Vorläufer: Mineralstaub, Schwefeldioxid, Ammoniak, organischer Kohlenstoff, Ruß
zweite Spalte: H2O str = Wasser in Stratosphäre; CFC = Chlorfluorkohlenstoffe; HCFC = Chlorfluorkohlenwasserstoffe; Cloud adjustment... = Korrektur für Wolken durch Aerosole; Albedo change... = Albedo-Veränderung durch geänderte Landnutzung; Changes... = Änderung der Solarstrahlung (natürliche Quelle)                  
dritte Spalte: Zahlenangaben in W/m2 (rot: wärmend; blau: kühlend)
rechte Spalte: Datengüte: VH = sehr hoch; H = hoch; M = mittel; L = niedrig
untere graue Zeile: Summe der anthropogenen Strahlungsauslöser seit 1750
Quelle: IPCC 2013 (1)


Die obenstehende Tabelle listet die wichtigsten durch den Menschen beeinflussten Parameter auf, die die Strahlungsbilanz verändern, darunter Treibhausgase, Aerosole, die Albedobeeinflussung durch geänderte Landnutzung (z. B. absorbiert Wald mehr Strahlung als heller Boden ohne Bewuchs) und, als einzigen natürlichen Parameter, der sich im Darstellungszeitraum verändert habe, Unterschiede in der Sonnenaktivität.
Im Zeitraum von 1750 bis heute ist der größte Treiber Kohlendioxid (braun dargestellt), gefolgt von Methan (orange). Die Zunahme der Strahlungswirkung in diesem Zeitraum - seit Beginn der industriellen Revolution - betrug knapp zweieinhalb Watt/Quadratmeter.



 

   
                                                         Treibhausgase 1970-2010
y-Achse: Gigatonnen CO2-Äquivalente pro Jahr
orange: CO2 aus fossiler Verbrennung und industriellen Prozessen; rot: CO2 aus Wald- und sonstiger Landnutzung; hellblau: Methan; blau: Lachgas; dunkelblau: Fluorkohlenwasserstoffe
rechter Teil: Fehlerbalken für 2010 v. u. n. o.: 8%, 50%, 20%, 60%, 20%
Quelle: IPCC 2014 (2)
 

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Die Treibhausgasentwicklung seit 1970 stellt die obenstehende Graphik dar. Man liest ab, dass sich der Ausstoß in den folgenden 40 Jahren knapp verdoppelt hat, auf  49 Gt CO2-Äquivalente im Jahr 2010, davon zwei Drittel oder 32 Gt CO2 aus Verbrennung und Industrie. Die Steigerung betrug drei Jahrzehnte lang durchschnittlich 1,3 % pro Jahr, im jüngsten Jahrzehnt 2,2 % pro Jahr.
Der zweitgrößte Treiber nach fossilem CO2 ist Methan mit 16 %, der drittgrößte Treiber ist mit 11 % das CO2 "aus Wald- und sonstiger Landnutzung"; darunter fallen Brandrodung und Abholzung von Wald sowie Abbrand oder Zersetzung von Torf.
Man beachte die Fehlerbalken (rechter Teil der Graphik), die insbesondere für CO2 aus Landnutzung und für Stickoxide sehr hoch sind.
Etwa die Hälfte des anthropogenen CO2-Ausstoßes seit Beginn der industriellen Revolution erfolgte in den letzten 40 Jahren (hohe Datengüte).

   
        Treibhausgasemissionen nach ökonomischen Sektoren, 2010
links direkte Emissionen, v. o. n. u.: Elektrizität und Wärmeproduktion, Landwirtschaft/Wald/Torf, Gebäude, Transport, Industrie, Sonstige
rechts indirekte CO2-Emissionen, v. o. n. u.: Energie, Industrie, Transport, Gebäude, Landwirtschaft/Wald/Torf
Quelle: IPCC 2014 (2)

Rechts sind die Erzeuger der Treibhausgase nach ökonomischen Sektoren dargestellt. Summiert man die indirekten Beiträge aus Elektrizität und Wärmeproduktion (rechter Aussschnitt in der Graphik) zu den direkten Beiträgen hinzu, ergibt sich folgende Reihenfolge:
- Industrie 32 %
- Landwirtschaft 25 %
- Gebäude 18 %
- Transport 14 %
- Sonstige 11 %
Unter "Landwirtschaft" sind in dieser Graphik die Landwirtschaft selbst plus die oben bereits genannten Wald- und Torf-Emissionen gemeint (2). Eine detailliertere Betrachtung zur Treibhausgasbilanz der Landwirtschaft siehe Klimagasausstoß durch Ernährung.
 

  Treibende Faktoren der fossilen CO2-Entwicklung nach Dekaden
y- Achse: Veränderung der CO2-Emission pro Dekade (Gigatonnen CO2)
rot: Kohlenstoffintensität der Energie; gelb: Energieintensität des Bruttosozialprodukts; hellblau: Bevölkerung; dunkelblau: Bruttosozialprodukt pro Kopf; weißes Dreieck: Summe
Quelle: IPCC 2014 (2)

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Links oben ist die Entwicklung der fossilen CO2-Erzeugung in Hinblick auf vier Treiber zerlegt: Bevölkerung, Pro-Kopf-Einkommen (Bruttosozialprodukt), Energieintensität des Bruttosozialproduktes und Kohlenstoffintensität der Energie.
In den ersten beiden Faktoren steckt das reine Mengenwachstum, im dritten die qualitative Veränderung des Wirtschaftens in Bezug auf den spezifischen Energieverbrauch (z. B. Einsatz energiesparender Verfahren und Geräte, Dämmung von Gebäuden, Effizienzsteigerung industrieller Prozesse), im vierten der eingesetzte Energiemix (z. B. hat Braunkohleverbrennung in alten Kraftwerken eine hohe Kohlenstoffintensität, Wind-, Solar- oder Atomkraft eine niedrige Kohlenstoffintensität).

In dieser Graphik erschließt sich die Skalierung der Y-Achse nicht auf den ersten Blick und sei daher erläutert: Aufgetragen ist die Zunahme der CO2-Emissionen pro Jahrzehnt in Gigatonnen (Gt). Die weißen Dreiecke mit den zugehörigen Gigatonnen-Werten sind jeweils die Summe der positiven und negativen Einzelbeiträge, die als Farbbalken dargestellt sind. Eine Null würde bedeuten, dass keine Emissionsveränderung gegenüber dem Vor-Jahrzehnt stattgefunden hätte. Die Dekaden-Änderungen sind in Bezug auf die jeweils vorliegende Gesamtemission zu bewerten; so wurden beispielsweise im Jahr 2000 etwa 25 Gt fossiles CO2 emittiert (abzulesen aus der Graphik "Treibhausgase 1970-2010", weiter oben), so dass die für 2001-2010 angegebene Steigerung um 6,8 Gt etwa 27 % entspricht, oder 2,5 % jährlich. Die Graphik dient jedoch natürlich nicht der umständlichen Darstellung der Emissions-Wachstumsrate, die weiter oben in "Treibhausgase 1970-2010" einfach und übersichtlich zu finden ist, sondern dem Größenvergleich von vier grundlegenden globalen Treibern, die prinzipiell jeweils positiv und negativ sein können. 
   
Man liest ab, dass die Zunahme der letzten vier Dekaden auf einem nahezu konstanten Bevölkerungswachstumsanteil (hellblau) gründet, zu dem ein in den letzten drei Dekaden stark ansteigender Wirtschaftswachstumseffekt (dunkelblau) hinzukommt. Die gegenläufig wirkende Technologieverbesserung (gelb) kompensiert dies nur zu etwa einem Drittel bis einem Viertel. Die Energiemixänderung (rot) ist dem gegenüber in der Vergangenheit von geringerer Bedeutung, und trotz des steigenden Einsatzes von erneuerbaren Energien war die Bilanz im letzten Jahrzehnt sogar negativ im Sinne einer höheren Kohlenstoffintensität der globalen Energieerzeugung.
 
Die Entwicklung der Emissionen von Forstwirtschaft, Torfabbau und Landwirtschaft (inklusive Methanerzeugung), die zusammen über ein Viertel der Treibhausgase ausmachen, ist in dieser Darstellung nicht berücksichtigt.

 

 
                                                                  Szenarien der Treibhausgasentwicklung 2000-2100
y-Achse: jährlicher Ausstoß an Treibhausgasen (Gigatonnen CO2-Äquivalente / Jahr)
schwarze Linien: Vier betrachtete Hauptszenarien (weitere Erläuterungen s. Text)
farbige Bänder: 90-%-Wahrscheinlichkeitsbereiche für atmosphärischen CO2-Äquivalente-Gehalt 2100 laut Kasten; grau: > 1000 ppm bis hellblau 430-480 ppm.
Quelle: IPCC 2013, (3)


Wie sehen die Prognosen aus? Oben ist der Zusammenhang zwischen jährlichen Emissionen (ausgehend von den aktuellen 49 Gigatonnen CO2-Äquivalenten im Jahr 2010) und atmosphärischem Gehalt bis ins Jahr 2100 dargestellt.
Es seien die vier Hauptszenarien (schwarze Linien) herausgegriffen:

  • RCP8.5: Ziel > 1000 ppm 2100, Temperatursteigerung 4,1-4,8 Grad Celsius
    Die in der Graphik dargestellte Emission von ca. 130 Gigatonnen im Jahr 2100 entspricht einem linearen Anstieg von etwa 1,2 % jährlich. Alle anderen Szenarien drehen wie dargestellt von einer jährlichen Steigerung in eine jährliche Reduzierung.
  • RCP6.0: Ziel 860 ppm 2100, Temperatursteigerung 3,1-3,7 Grad Celsius
  • RCP4.5: Ziel 650 ppm 2100, Temperatursteigerung 2,3-2,9 Grad Celsius, erneuerbare Energien 20/40/75 % im Jahr 2030/2050/2100 (4)
  • RCP2.6: Ziel 450 ppm 2100, Temperatursteigerung 1,5-1,7 Grad Celsius, erneuerbare Energien 25/50/90 % im Jahr 2030/2050/2100 (4)


Die Angabe, dass mit weniger als 450 ppm Treibhausgasen die Temperatursteigerung unter zwei Grad bleiben wird, ist mit "wahrscheinlich" (> 66%) bei "hoher Datengüte" angegeben. Bei 650 ppm sei dies "unwahrscheinlich" (< 33%).



Quellenangaben
(1) IPCC 5th Assessment Report, Working Group I, 2013; dort: Summary for Policymakers, Kap. C
(2) IPCC 5th Assessment Report, Working Group III, 2013; dort: Summary for Policymakers, Kap. SPM3
(3) IPCC 5th Assessment Report, Working Group III, 2013; dort: Summary for Policymakers, Kap. SPM4.1
(4) Erneuerbare-Energie-Daten nicht dargestellt; aus (3), Zahlen gerundet.



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