Die Evolution der Honigbiene bis hin zur Interaktion mit dem Menschen
Von der Evolution zur Imkerei
Quelle: Marum - Zentrum für marine Umweltwissenschaften, Bremen, 2009 |
Evolution von Blütenpflanzen mit Bestäubern
Vor 450 Mio. Jahren, zu Beginn des Silur oder etwas davor, entstanden die ersten Landpflanzen, wahrscheinlich Nacktfarne. Deren älteste Fossilien sind 400 Mio. Jahre alt.
Insekten, die artenreichste Klasse mit heute etwa einer Million Arten (60 % der bekannten Tierarten) entstanden im Devon.
Im Karbon, etwa 350-300 Mio. Jahre v.u.Z., bildeten die samenlosen Riesenfarne, Bärlappbäume, Schachtelhalme sowie die samentragenden Palmfarne bei ihrem anaeroben Vermodern in sumpfigen Standorten den Grundstock für Kohle, Öl und Gas, die wir heute wieder in CO2 zurückverwandeln. Der Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre sank in dieser Epoche übrigens von etwa 2500 ppm auf unter 100 ppm (s. auch Klimafaktoren der Erdgeschichte).
Trotz der vergleichsweise riesigen Biomasse gab es nur etwa 500 Pflanzenarten.
Im Perm kam noch die Klasse der Nadelholzgewächse dazu, wie die Palmfarne zu den Nacktsamern gehörend, also blütenlos.
Gegen Ende des Jura gab es immer noch nur etwa 3000 Pflanzenarten, bevor in der Epoche der Kreide die Pflanzen "auf den Trick kamen", durch Farbanreize, Geruch und Nektar (sowie Pollen) Insekten zur Bestäubung zu veranlassen - effektiver als durch den ungerichteten Wind: Die Blütenpflanze (Klasse Bedecktsamer / Magnoliopsida) war geboren. Das Evolutionskonzept war so erfolgreich, dass gegen Ende der Kreide bereits 22 000 Pflanzenarten existierten.
In derselben Zeit bildeten sich - wechselseitig bedingt - aus der Ordnung der Hautflügler (Hymenoptera) mehrere Familien der Bienen. Die Forschung geht davon aus, dass etwa vor 120 Mio. Jahren eine gegenseitige Abhängigkeit der Blütenpflanzen und der Bienen ausgebildet war.
Vor etwa 70 Mio. Jahren entwickelten sich aus der Familie der "echten Bienen" (Apidae) u. a. die vier Gattungsgruppen / Tribus der "Körbchensammler" (s. Graphik sowie Foto unten) (1). Ihr Merkmal ist das Sammeln von Pollen an den Hinterbeinen, und sie umfassen neben den Honigbienen (Apini) auch die Hummeln, die Orchideenbienen und die ebenfalls staatenbildenden stachellosen Bienen.
Heute gibt es nur noch 800 Nacktsamerarten, jedoch 270 000 Blütenpflanzen (Bedecktsamer), sowie 20 000 Bienenarten.
Die heute einzige Gattung der Honigbiene (Apis) umfasst neun Arten, von denen acht in Asien leben, und die neunte, die westliche Honigbiene (Apis mellifera) vor der Verbreitung durch den Menschen in Afrika, Europa und dem Nahen Osten heimisch war.
Buckfast-Biene an Raps; gut zu erkennen das gefüllte Pollenkörbchen am Hinterbein Quelle: D. Prade, 2012 |
Erläuterungen:
Das "Körbchen" wird aus steifen Haaren an einer Sektion des Hinterbeines (Tibia) gebildet.
Die "Buckfast-Biene" ist eine Züchtung aus der Rasse der "Dunklen Biene" (Apis mellifera mellifera), die ursprünglich in Nordeuropa heimisch war, und der "Italienischen Biene" (Apis mellifera ligustica), mit dem Ziel, Gutmütigkeit, Schwarmträgheit und Leistungsfähigkeit bezüglich der Honigernte zu vereinen.
oben: Bienen kühlen den erhitzten Stock durch Fächeln mit den Flügeln in Fluglochnähe Mitte: Sechs Brutrahmen bei abgenommenem Deckel des Bienenstocks unten: Markierte Königin Mannheim 2012 |
Biene und Mensch
Die Honigjagd ist durch Felsmalereien ab dem Übergang der Alt- zur Jungsteinzeit (Beginn des Ackerbaus) nachgewiesen. Altersangaben bewegen sich zwischen 20 000 und (gesicherten) 10 000 Jahren.
Solche Zeugnisse finden sich in Afrika, Australien und Europa (Spanien).
Die Ägypter betrieben 3000 J.v.u.Z. bereits Bienenhaltung, in China ist sie 1000 J.v.u.Z. nachgewiesen.
Im europäischen Mittelalter wurden schon gezimmerte Kästen oder Weidekörbe benutzt.
1622 brachten Auswanderer die Honigbiene (zusammen mit dem Apfelbaum) nach Nordamerika; die Indianer nannten sie "die Fliege des weißen Mannes", da sie dessen Siedlungsfortschreiten anzeigte (2).
1822 fuhr der erste Bienenstock auf einem Sträflingsschiff nach Australien (3).
1840 wurde die Rasse der "italienischen Honigbiene" in der Schweiz als besonders produktiv und wenig aggressiv erkannt und weitergezüchtet. Um 1900 war sie in der westlichen Welt verbreitet.
1851-3 entwickelte der Amerikaner Langstroth die modulare Bienenkorb-Bauweise, mit einzeln herausnehmbaren Rahmen, die später (Erfindung der Honigschleuder 1965 in Italien) geschleudert werden konnten.
1929 wurde in Utah, USA, die Einfuhr von Bienen verboten, da sie "den Nektar wegnehmen, den die Luzerne zur Samenbildung braucht": Die Funktion der Bestäubung war in USA noch nicht bekannt. (2)
In der westlichen Welt nahm die Bedeutung der Imkerei, die hauptsächlich wegen des Honigs betrieben wurde, ab dem 17. Jh. (mit den Importen von Rohrzucker) und vor allem ab dem 18. Jh. mit der Züchtung und Einführung der Zuckerrübe deutlich ab.
Dies sollte sich erst wieder im 20. Jh. ändern, als die Optimierung und Mechanisierung der Landwirtschaft die Bestäuberdienste der Biene als Engpass wahrzunehmen begann.
Weltweit wird heute als häufigste Rasse Apis mellifera ligustica (Italienische Honigbiene) eingesetzt; in Mittel- und Südeuropa vor allem auch Apis mellifera carnica (Kärntner Biene, aus dem Balkan stammend) sowie die Buckfast-Biene, eine Züchtung basierend auf den Arbeiten von "Bruder Adam" Mitte des 20. Jhts., einem Deutschen, der im englischen Kloster "Buckfast Abbey" Bienenhaltung und -Zucht betrieb, nachdem das "Isle of Wight - Desease" ein Bienensterben der in Nordeuropa heimischen Rasse Apis mellifera mellifera (Dunkle Biene) verursacht hatte (s. auch "Bienenleben und Bienensterben").
Ein Video zeigt die Arbeit an Dadant-Bienenstöcken (Erklärung des Begriffs im Video) mit Ligustica und Buckfast.
"Bruder Adam und seine Folgen - ein Imker bei der Arbeit" (19 min.).
Literaturangaben
(1) B. Oldroyd, S. Wongsiri, "Asian Honey Bees", 2006
(2) R. Jacobson, "Fruitless Fall", 2008
(3) A. Benjamin, B. McCallum, "A World without Bees", 2009