Die westliche Honigbiene - ein eusoziales Insekt im Dienst der menschlichen Nahrungsgewinnung
Apis mellifera - Kurzbeschreibung und Bedeutung
Biologische Einordnung
In der Ordnung der Membranflügler-Insekten (Hymenoptera) mit über 110 000 Arten befinden sich neun Familien der Bienen (Apiformes) mit 20 000 Arten. Eine der Familien, die sogenannten echten Bienen (Apidae) umfasst unter anderen Gattungsgruppen (Tribus) neben den Orchideenbienen, den Hummeln und den stachellosen Bienen auch die Honigbienen (Apini), deren heutige einzige Gattung, Apis, neun Arten umfasst. Acht davon leben in Asien, die neunte, die westliche Honigbiene (Apis mellifera) stammt aus Europa/Afrika.
Sie kommt in etwa 20 Rassen vor, die sich möglicherweise nach Abklingen der letzten Eiszeit aus vier Regionen bildeten: Afrika, Südwesteuropa (iberische Halbinsel), Südosteuropa (Balkan und Italien) sowie Naher Osten.
Heute werden für die Zucht im wesentlichen zwei Rassen benutzt: A.m. ligustica (Italien) und A.m. carnica (Balkan) (1).
Merkmale der Honigbienen
Die Honigbienen (Apini) gehören zu den höchstorganisierten staatenbildenden (sog. eusozialen, von "ευ" griechisch "gut") Tieren, wie die Ameisen oder die Termiten. Zum eusozialen Status gehört z. B. die Trennung in fruchtbare und unfruchtbare Tiere, die kooperative Brutpflege, und das Zusammenleben mehrerer Generationen.
Sie gehören zu den vier Gattungsgruppen der "Körbchensammler" (gekennzeichnet durch eine von Haaren umgebene Vertiefung an den Hinterbeinen, in der Pollen transportiert wird), und unterscheidet sich von den drei Schwestergruppen der stachellosen Bienen (Meliponini), Hummeln (Bombini) und Orchideenbienen (Euglossini) (s. auch Von der Evolution zur Imkerei) durch u. a. die folgenden Merkmale:
- Schwänzeltanz zur Mitteilung von Richtung und Entfernung von Nahrungsquellen
- Nest aus senkrecht angeordneten Wachszellen
- extreme Mehrfachpaarung
- Stockteilung durch Schwärmen (auch bei stachellosen Bienen)
- Temperaturregulierung (Heizen und Kühlen) im Stock (auch bei stachellosen Bienen und Hummeln)
Trotz des Namens "Honigbiene" ist die Honigherstellung ist kein Unterscheidungsmerkmal. Stachellose Bienen und - in geringem Umfang - Hummeln produzieren auch Honig.
Kurzbeschreibung
Bienen auf dem herausgenommenen Brutrahmen eines Bienenstocks. Oberes Bild: In der Mitte ist eine schlüpfende Biene zu erkennen, rechts darüber eine Made in einer noch offenen Wabe Mannheim, 2012 |
Die Westliche Honigbiene hat ihren Jahreszyklus auf eine kurze (4-5 Monate) Vegetations-, d. h. Blütenperiode optimiert. Im Frühjahr legt die Königin viele Eier, sodass sich die Population rasch auf bis zu 50 000 Bienen aufbaut, davon über 90 % Arbeiterbienen. Diese schlüpfen nach 3 Wochen und durchlaufen verschiedene Arbeitsstadien. Sie beginnen mit dem Putzen und Füttern der Brut (u.a. mit dem in Drüsen gebildeten Gelee Royale, einem Protein- und Zuckerkonzentrat), bauen dann Zellen mit ebenfalls aus Drüsen gewonnenem Wachs. Als nächstes übernehmen sie am Baueingang Pollen und Nektar von den Sammelbienen und lagern ihn ein bzw. stellen durch Wasserentzug Honig her. Ihr letztes Lebensdrittel arbeiten sie als Sammelbienen, bevor sie nach ca. 30 Tagen sterben.
Im Herbst sind die Honigvorräte gefüllt und die Königin legt weniger Eier. Damit steht mehr Gelee Royale pro Larve zur Verfügung, und man vermutet, dass dies mit dazu beiträgt, dass die Winterbienen dann mehrere Monate alt werden können. Die Königin, die nur mit Gelee Royale gefüttert wird, lebt 2-3 Jahre.
Eine Biene wiegt 0,1 g, ein ausgewachsenes Volk also etwa 5 kg, dieses baut 100 000 Waben und sammelt bis zu 50 kg Honig in einem Sommer.
Im Winter wird die Temperatur im Stock durch Bewegung auf ca. 20o Celsius gehalten, im Sommer auf etwa 37o (im Brutbereich). Bienen fliegen nur bei Temperaturen oberhalb 15o und bei Trockenheit.
Die Königin paart sich nur einmal, mit mehreren (bis zu 20) Drohnen. Wird das Nest zu voll, schwärmt sie mit einem Teil der Arbeiterinnen. Die zurückgebliebenen Bienen ziehen sich eine neue Königin durch Umstellung der Larvenfütterung auf reines Gelee Royale nach.
Eingelagerter Pollen einer Apriltracht im Oberrheintal Quelle: D. Prade, 2012 |
Bedeutung für die Landwirtschaft
Etwa 100 kommerziell verwendete Pflanzenarten werden hauptsächlich oder teilweise von Honigbienen bestäubt.
Eine Schätzung für die USA gibt den Erntewert der 11 am meisten abhängigen Anbaupflanzen auf jährlich 12 Mrd. $ an, dies sind in der angegebenen Reihenfolge Luzerne (Viehfutter), Äpfel, Mandeln, Baumwolle, Zitrusfrüchte, Sojabohnen, Zwiebeln, Brokkoli, Gelbe Rüben, Sonnenblumen, Melonen (1).
Global kommen hinzu
- weitere Früchte wie Birnen, Kirschen, Aprikosen, Quitten, Blaubeeren, Mango (nicht die Banane, die unbefruchtet reift)
- Nüsse
- Kaffee
- Gurke, Pepperoni, Kürbis (nicht die Kartoffel: Selbstbefruchtung oder vegetative Vermehrung)
- Raps, Klee.
Der globale bienenabhängige Ertrag wurde auf 60 Mrd. $ pro Jahr geschätzt (1).
Alle Getreidesorten wie Weizen, Roggen, Hafer, Hirse, Mais, Reis sind als Gräser Windbefruchter.
Quelle: FAOSTAT, Production / Live Animals; eigene Auswertung |
2010 gab es nach Angaben der FAO (Food and Agricultural Organization of the United Nations) 66 Mio. Bienenstöcke auf der Erde.
Literaturangaben
(1) A. Benjamin, B. McCallum, "A World without Bees", 2009
(2) B. Oldroyd, S. Wongsiri, "Asian Honey Bees", 2006