_ "Dilemma - Warum wir unsere Ressourcen zerstören, obwohl wir es doch besser wissen"

__ Zweite Auflage; G.Mair, Novum Verlag, 2023

Ohne Planet B: Vorläufiger Bericht des IPBES / Vereinte Nationen

 

Zustandsbericht des Weltbiodiversitätsrats 2019


Juni 2019

             Pestizidausbringung auf Weizenfeld
Quelle: IPBES 2019 (1)
                  Strand auf Bali/Indonesien
Quelle: IPBES 2019 (1)

















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Die Vereinten Nationen beschäftigen den IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change, deutsch Weltklimarat), das anhand der Datenanalyse tausender wissenschaftlicher Veröffentlichungen regelmäßig über die Entwicklung des Klimas und mögliche politische Korrekturmaßnahmen berichtet.
Ebenso besteht seit 2012 der weniger bekannte IPBES (Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services, deutsch Weltbiodiversitätsrat).
Ihm gehören aktuell 132 Staaten an, und er hat als Aufgabe, über den globalen Zustand und Wissensstand der Biodiversität und der Ökodienstleistungen zu berichten.

Im Mai 2019 wurde vom IPBES ein 39-seitiger Medienbericht veröffentlicht als Ankündigung eines fast fertigen ausführlichen Berichtes (1).
Daraus werden im Folgenden einige Schlaglicht-Aussagen zitiert.

Titel: "Gefährliche Verschlechterung des Naturzustandes in noch nie dagewesener Form"
        "Aussterberaten beschleunigt" - "Eine Million Arten vom Aussterben bedroht"
        "Systemänderungen erforderlich, um Natur wiederherzustellen und zu schützen"

Einige Fakten auf der Aktionsseite der Spezies Mensch

  • Bevölkerung verdoppelt (seit 1970, rund 50 Jahre) (von 3,7 auf 7,6 Mrd. Menschen)
  • Bruttosozialprodukt vervierfacht (seit 1970)
  • Handel verzehnfacht (seit 1970)
  • landwirtschaftliche Pflanzenproduktion verdreifacht (seit 1970)
  • Holzgewinnung vereineinhalbfacht (seit 1970)
  • Versiegelung durch Städte verdoppelt (seit 1992)
  • Plastikabfall im Meer verzehnfacht (seit 1980) (beeinflusst rund 50 % der Seevögel und Seesäugetiere)
  • Der Klimagas-Fußabdruck des Tourismus um 40 % gestiegen innerhalb von 4 Jahren (2009-2013) (durch Transport und Nahrung), auf 8 % aller Treibhausgasemissionen

 

Einige Fakten auf der daraus resultierenden Schadensseite

  • 75 % der globalen Landfläche durch den Menschen verändert
  • 87 % des Sumpflandes verloren (seit 1700)
  • 32 % des Waldes verloren (seit 1700)
    Der Verlustanteil an tropischem Regenwald ist höher: allein 1980-2000 1 Mio qkm (rund 8 %, der Fläche Deutschlands entsprechend), sowie 0,3 Mio qkm (rund 2,4 %) von 2010-2015. Wichtigste Treiber sind Landwirtschaft und Ölpalmenanbau)
    Rund 10-15 % der Waldrodung erfolgt illegal
  • 50 % der Korallenriffe verloren (seit 1870), Tendenz dramatisch steigend
  • 23 % der bewirtschafteten Landfläche mit Bodenverschlechterung (seit 1970)
  • Häufigkeit der Landspezies um 20 % gefallen (seit 1900)
    Darunter Landwirbeltiere um 40% gefallen (seit 1970), Salzwassertiere um 35 % gefallen (seit 1970)
  • 33 % der Meeresfischarten überfischt (55 % der Ozeane werden regelmäßig befischt)
  • 25 % der in der Roten Liste bewerteten Arten gefährdet
       
     
      Kumulierte Aussterberaten von Wirbeltieren seit 1500
    v.o.n.u.: Amphibien, Säugetiere, Vögel, Reptilien, Fische
    grau (ganz unten): Durchschnittliche Aussterberate der letzten 10 Mio. Jahre
    Quelle: IBES 2019 (1)
  • Darunter 40 % der Amphibien, 33 % der Haie und Meeressäuger sowie der Korallen
  • 680 Wirbeltierarten ausgerottet seit 1500 (siehe Graphik rechts)
  • Insgesamt gute 10 % aller Tiere und Pflanzen, oder
    1 Mio Arten vom Aussterben bedroht (von 8 Mio vorhandenen)
  • Aussterberate in der Größenordnung hundertmal schneller als in den letzten 10 Mio Jahren, Tendenz stark steigend (siehe Graphik rechts)
  • Invasive Arten plus 40 % (seit 1980)
  • Meeresspiegel gestiegen um 18 cm (seit 1900); Tendenz steigend mit aktuell 3 mm jährlich
    Ein Anstieg um 1 m flutet die Heimat von 40 Mio. Küstenbewohnern
  •  

Als größte Treiber dieser Verschlechterungen werden in absteigender Reihenfolge identifiziert:

  1. Land-, Meeres- und Küstennutzung
  2. Direkte Ausbeutung (Fischen, Jagen, Roden)
  3. Klimawandel
  4. Veschmutzung / Vergiftung
  5. Invasive Arten

Die Verschlechterungstrends sind ungebrochen.
So werden von den sogenannten "Aichi-Zielen", die von den Vereinten Nationen 2010 für 2020 zum Erhalt der Biodiversität vereinbart wurden (2), die meisten deutlich bis völlig verfehlt.

Der IPBES-Bericht mündet in eine politische Beurteilung und Ratschläge.
Mit dem vorhandenen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen System sei ein Stoppen der Zerstörung nicht zu erreichen.
Notwendig sei ein tiefgreifender gesellschaftlicher Wandel mit den Bestandteilen:

  • Veränderung der Vorstellung des "guten Lebens" - was bedeutet Komfort und Wohlstand
  • Konsum und Abfall
  • Werte und Aktionen
  • Ungleichheit
  • Effektiver Naturschutz mit ggf. Einbindung der betroffenen Bewohner (3)
  • Externe Kosten, inklusive deren Verschiebungen (zwischen Konsument und Erzeuger sowie von heute auf die Zukunft) (4)
  • Innovation, Technologie
  • Bildung, Wissensvermittlung

 

Kommentar:

Dem ist fast nichts hinzuzufügen - man muss es nur noch machen.

Es fehlt jedoch der Hinweis auf den Faktor Weltbevölkerung. Gängig ist die Formel:
"Wirkung auf die Umwelt = Bevölkerung x Bruttosozialprodukt/Kopf x Ressourcenverbrauch pro Bruttosozialprodukt"


                       Kupfermine in Spanien
Quelle: IPBES 2019 (1)
                  Sturmschaden in Florida, USA
Quelle: IPBES 2019 (1)





Quellenangaben und Anmerkungen
(1) IPBES (Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and EcosystemXervices, Weltbiodiversitätsrat), Pressebericht 5/2019;
Fotos als Beilage zu Pressebericht.
Die globale Studie wurde von 145 Wissenschaftlern unter Auswertung tausender Fachpublikationen erstellt.  
(2) Aichi-Ziele: Ziele der UN-Konvention zur Biodiversität 2010 für 2020, z. B. Überfischung stoppen, Landverlustrate halbieren, Abschaffung biodiversitätsfeindlicher Subventionen, Stopp des Artensterbe-Trends, Ausweisung von mehr Schutzgebieten u.ä.
(3) Die Degradation ist bei nichtindustrialisierten Gesellschaften / indigenen Gesellschaften /-Verwaltungen durchschnittlich langsamer als in industralisierten Gesellschaften. Die Verschlechterung erfolgt typischerweise aus anderen Gründen (Bevölkerungsdruck) als bei Industriegesellschaften (Konsumdruck).
(4) Zum Teil werden externe Kosten durch Subventionen sogar forciert: So wurden 2015 100 Mrd. US-$ an Subventionsmitteln für potenziell naturschädliche Landwirtschaft aufgebracht (davon ein nennenswerter Anteil in der EU), sowie 345 Mrd. US-$ für fossile Treibstoffe (davon 50 % für Kohle).