PEdF - TTIP: Stellungnahme zu transatlantischem Freihandelsabkommen
PEdF: Pro Europa und für eine dienende Finanzwirtschaft
2.2.14
email-Petitionen gegen die aktuell laufenden Verhandlungen zum transatlantischen Freihandelsabkommen zwischen USA und EU, mit eigener Stellungnahme.
email-Petitionen gegen TTIP
über campact-Demokratie in Aktion, und
über Umweltinstitut München e.V. (Stand Feb. 2014)
Stellungnahme zu TTIP
Aktuell wird zwischen den USA und der EU hinter verschlossenen Türen ein Freihandelsabkommen verhandelt. Die spärliche öffentlich verfügbare Information lässt folgendes erwarten:
1. Als Vorteil für beide Seiten wird die Erleichterung des Handels und damit letztlich ein Beitrag zum Wirtschaftswachstum der Region genannt.
2. Dabei sollen auch so genannte "nichttarifäre Handelshemmnisse" angeglichen werden.
3. Ein Investor kann in der Gastregion klagen, wenn er der Meinung ist, dass regionale Gesetzgebung seinen Gewinn schmälert. Verhandelt wird dies nichtöffentlich vor Schiedsgerichten ohne Revisionsmöglichkeit.
4. Ein "Zurückdrehen" von Zöllen und sonstigen regionalen Unterschieden ist vertragswidrig.
5. Ein Ändern der Vertragsbestandteile ist praktisch unmöglich, vor allem durch den komplizierten europäischen Genehmigungsweg.
Stellungnahme:
zu 1. Der "Vorteil" eines Beitrags zum Wirtschaftswachstum ist nicht nur zu hinterfragen bezüglich der Verteilungsgerechtigkeit (Wer profitiert? Wer verliert?), sondern auch bezüglich etwaiger struktureller Konsequenzen. Betreffs des Handels landwirtschaftlicher Güter beispielsweise ist ein Szenario denkbar, in dem amerikanische Exportfirmen verdienen, aber bäuerliche, ländliche Strukturen in Europa zerstört werden.
Schon Simon Kuznets, der Hauptbegründer des Begriffs "Bruttosozialprodukt" und Träger des Wirtschaftsnobelpreises 1971, sagte bereits 1962:
"Beim Wachstum muss man unterscheiden zwischen Quantität und Qualität, zwischen seinen Kosten und Nutzen, und zwischen kurz- und langfristigen Effekten. Ziele für mehr Wachstum sollten spezifizieren: Mehr Wachstum wovon und für wen."
zu 2. "Nichttarifäre Handelshemmnisse" umfassen auch Standards, z. B. Sicherheitsstandards, Gesundheitsstandards, Umweltstandards. Eine Angleichungsklausel wird zu einem Lobbydruck der wirtschaftlich interessierten Akteure führen, jeweils die Minimallösung zu vereinbaren. Was bedeutet dies für Bereiche, in denen Europa sich entschlossen hat, einen anderen Weg zu gehen als die USA, z. B. bezüglich Klimaschutzpolitik (wie Kohlendioxidzertifikate. erneuerbare Energien), Lebensmittelrecht (wie Gentechnik, Pestizideinsatz), Umweltpolitik (wie Fracking, Atomkraft, Chemikalienrecht), Arbeitsrecht (wie Kündigungsschutz)?
zu 3. Der Einsatz von Schiedsgerichten in internationalen Streitfällen stammt aus der Zeit der Investitionstätigkeit von Industrieländern in Schwellen- oder Entwicklungsländern, um die Investition des wirtschaftlich überlegenen Partners im schwächeren Gastland zu schützen, z. B. gegen Enteignung.
Zwischen Partnern auf Augenhöhe, mit beidseitig voll entwickelten und demokratisch legitimierten Gerichtsbarkeiten, besteht dazu kein Anlass.
Im Gegenteil, die Besetzung und Beeinflussung des Schiedsgerichts wird wiederum einen Lobbydruck der Interessierten herbeiführen, und die Nichtöffentlichkeit und Nicht-Revisionsfähigkeit stellt einen Rückfall in vordemokratische Zeiten dar.
zu 4. Ein "Sperrklinkeneffekt", das verbotene Zurückdrehen von Öffnungs- und Angleichungsmaßnahmen, verhindert die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft bezüglich ihrer Bewertungsmaßstäbe für wirtschaftliches Handeln (wie Nachhaltigkeit, globaler Fairness) und priorisiert im Gegenteil einseitig die Interessen der kurzfristig und rein monetär orientierten Wirtschaftsgroßakteure.
zu 5. Bei dem Versuch, die Europäische Union im Rahmen der Erweiterungen, der Finanz- und Eurokrise weiterzuentwickeln, war festzustellen, dass die demokratisch legitimierten Selbständerungsmöglichkeiten sehr begrenzt waren und sind. Der Fehler sollte nicht wiederholt werden, ein Vertragssystem zu konstruieren, das eine spätere Anpassung auf geänderte Wünsche der Teilnehmer quasi unmöglich macht.
Fazit:
Sofern Übereinkunft besteht, als hohes Ziel für den Erhalt bzw. die Weiterentwicklung der real existierenden Demokratie einzutreten, und damit einhergehend für die (Weiter-)Entwicklung von politischen Systemen, die flexibel auf die immer rascher einwirkenden wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und ökologischen Veränderungen reagieren können, ist für Wirtschaftsverhandlungen zwischen den USA und Europa zu fordern:
- Öffentliche und demokratisch legitimierte Entscheidungsprozesse
- angemessene Berücksichtigung aller Interessengruppen / Betroffenen / Beteiligten (engl. "stakeholder")
- Beachtung der Wichtigkeit der Änderungsfähigkeit von Vereinbarungen
- Wahrung der europäischen Interessen im Sinne einer eigenen und unabhängigen Kultur