Die gesellschaftliche Verantwortung einer Bank
GLS Bank
9.12.12 "§ 2 Zweck und Gegenstand
Marktwirtschaftlich agierende Unternehmen haben eine gesellschaftliche Verantwortung, die über das reine Erwirtschaften eines maximalen Gewinnes hinausgeht. Bei einigen Branchen ist dies offenkundig, so wird z. B. die chemische Industrie auch gemessen an der Menge und Art ihrer Abfälle, die Landwirtschaft am Schaden, den sie an Natur, Biotopen und Artenvielfalt anrichtet, die Automobilindustrie am schonenden Umgang mit fossilem Treibstoff; Konsumgüterhersteller werden auf ausbeuterische Praktiken hinterfragt (Kinderarbeit, fair trade u.ä.).
Die Schlüsselbegriffe sind "Menschenrechte", "Fairness", "Nachhaltigkeit".
Wie sieht dies bei Finanzinstituten aus?
Die Finanzkrise 2008 hat der Weltöffentlichkeit jedenfalls gezeigt, dass kurzfristiges Gewinnstreben, Intransparenz von Geschäften und Produkten, Spielcasino-Mentalität und Betrügereien im großen Stil so häufig vorgekommen sind, dass sie das Finanzsystem ohne Fremdhilfe zum Kollabieren gebracht hätten. Siehe auch Großbanken unter Betrugsverdacht oder Ursachen der Finanzkrise.
Gibt es eine innere Gegenbewegung aus dem Finanzgewerbe heraus?
Die 1974 gegründete Bochumer genossenschaftliche GLS Bank nimmt dies für sich in Anspruch.
Kennzahlen der GLS Bank (Stand 2011, Zahlen gerundet): Bilanzsumme 2,3 Mrd. €, Eigenkapital 120 Mio. € (5,2%), 22 000 Mitglieder (+23% gegen Vorjahr), 410 Mitarbeiter, 120 000 Kunden (+27% gegen Vorjahr)
Zum Vergleich die Deutsche Bank: Bilanzsumme 2200 Mrd. €, Eigenkapital 55 Mrd. € (2,5%), 100 000 Mitarbeiter.
Die GLS Bank ist im Vergleich hierzu also ein sehr kleines Institut, leistet sich jedoch das doppelte Eigenkapitalverhältnis.
In der genossenschaftlichen Satzung ist festgelegt, dass die Gewinnerzielung nicht das Hauptziel sei.
Zitat (Quelle: Satzung der GLS Bank):
(1) Zweck der Genossenschaft ist die Förderung der Mitglieder und ihrer Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem, rechtlich sozialem und kulturellem Gebiet.
Das Ziel des Zusammenschlusses ist gegenseitige Hilfe, nicht die Gewinnerzielung für das einzelne Mitglied oder für die Genossenschaft. Wer Geld bei dieser Bank einlegt, tut dies in erster Linie mit Rücksicht auf den Geldbedarf anderer Mitglieder und um im volkswirtschaftlichen Interesse einen Ausgleich des Gesamtetats aller Mitglieder zu erreichen.
Einlagen werden verkehrsüblich verzinst, wenn nicht die Einleger ausdrücklich einen niedrigeren Zinssatz wünschen.
Gemeinnützigen Mitgliedern sollen Zinsen nur in der Höhe berechnet werden, wie dies zur kostendeckenden Geschäftsführung der Bank und mit Rücksicht auf die Sicherheit der Einlagen erforderlich ist.
Bei der Kreditgewährung und der Zins- und Tilgungsvereinbarung werden die Beteiligten auf die vorstehenden Gesichtspunkte hingewiesen und zur gegenseitigen Rücksichtnahme angehalten. Die Disparität von Industrie und Landwirtschaft soll berücksichtigt werden sowie die Tatsache, dass kulturelle Einrichtungen wirtschaftliche Werte verbrauchen und nicht erzeugen."
Quelle: www.gls.de, "GLS Bank in Zahlen", abgerufen 9.12.12 |
Bis 2011 wurden prinzipiell keine Gewinne für die Genossenschaftsanteile ausgezahlt (dies hat sich 2012 geändert). Die Bank wählt ihre Anlagekriterien nach sozialen und ökologischen Themen aus (z. B. aus den Bereichen Bildung, Generationen, Landwirtschaft, Energie, Wohnen).
Mit dieser Strategie hat sie einerseits die Finanzkrise 2008 nicht nur völlig schadlos überstanden, sondern im Gegenteil durch starkes Wachstum profitiert (s. Graphik rechts), und andererseits über zwanzigtausend Menschen motiviert, ihr als Genossenschaftsmitglieder ca. 100 Mio. € zur Verfügung zu stellen.
T. Jorberg, Vorstandssprecher (und erster Lehrling der GLS Bank 1977) formuliert so (Quelle: Jahresbericht 2011):
"Obwohl der Finanzmarkt sich seit dieser Zeit [70er Jahre] immer mehr vom Dienstleister für die Menschen zum Selbstzweck der abstrakten Geldvermehrung entwickelt hat, ist die Nachfrage nach an menschlichen Werten orientierter Bankarbeit so groß wie nie und steigt ständig. Im März 2012 fand die vierte Jahrestagung der GABV (Global Alliance for Banking on Values) in Kanada statt. 15 Banken aus Europa, Asien, Süd- und Nordamerika, die ihre Bankarbeit ausschließlich an sozialen und ökologischen Zielen ausrichten, haben sich in ihr zusammengeschlossen. Jedes Jahr wachsen diese Banken stark, erreichen eine große öffentliche Aufmerksamkeit und neue Finanzinstitute schließen sich dem Netzwerk an. Die Arbeit all dieser Banken – insbesondere der GLS Bank – basiert auf der Beziehung zwischen Menschen und nicht auf spekulativen abstrakten Markttransaktionen.
Im Grunde gilt für jede wirtschaftliche Tätigkeit die Maxime: Sinnvoll ist sie nur, wenn sie den Menschen dient – ihren ganzheitlichen Bedürfnissen im Materiellen, Seelischen wie auch Kulturell-Geistigen. Dies ist für mich die einzige reale „Realwirtschaft“, der eine Bank zu dienen hat. Nur dann macht Bankarbeit Sinn – und Freu(n)de."
Auch um eine Bank mit solchen Ansprüchen etwas genauer aus der Nähe kennenzulernen, entschloss sich der Autor dieser Seite, Genossenschaftsanteile der GLS Bank zu zeichnen.
Ist dies nun eine Spende oder eine Investition?
Wenn letzteres, eine Investition in welche Werte?
Hoffentlich nicht in die Selbstbedienungs- und Zockerethik der "Bonibanker-Gattung".