_ "Dilemma - Warum wir unsere Ressourcen zerstören, obwohl wir es doch besser wissen"

__ Zweite Auflage; G.Mair, Novum Verlag, 2023

a) Die Rolle der halogenhaltigen Gase auf den Klimawandel
b) Ozon und Klima verglichen aus dem Blickwinkel des globalen Allmendeproblems

 

Ozon und Klima

 

Sellrain, Österreich, 2010

 

 

 

a) Gasförmige Halogenverbindungen und Klimawandel

Halogenierte Verbindungen haben ein Treibhauspotenzial (CO2-Äquivalent; engl. GWP, global warming potential), das das von CO2 teilweise erheblich übersteigt.
FCKW bis zu über 10 000, HFKW (die Ozon-unschädlich sind) bis zu über 1000.

Die Graphik rechts zeigt den summierten Effekt einzelner Stoffgruppen ausgedrückt in "radiative forcing", d. h. in zusätzlicher Einstrahlung (Einheit W/m2 Erdoberfläche).

Man erkennt, dass die FCKW (engl. CFC) den mit Abstand größten Einfluss haben, gefolgt von den HFKW (engl. HCFC). Beide Stoffgruppen sind durch das Montreal-Protokoll und seine Nachfolger bereits verboten bzw. in der abklingenden Phase.
Ebenso erkennt man (blau) den kühlenden Effekt der Ozonabnahme, da Ozon ebenfalls ein Klimagas ist.

    Quelle


Die unten abgebildete Prognose für die Konzentration der Gase mit Treibhauspotenzial bis 2050 zeigt CO2, mit Abstand gefolgt von CH4 (Methan) und N2O (Stickoxid, Lachgas). Als unterste Balken dargestellt in braun die FCKW und HFCKW, die als einzige Stoffgruppe einen abfallenden Trend zeigen, sowie die Ersatzstoffe HFC (ozonneutral aber klimawirksam) in gelb, wiederum mit zunehmendem Trend.

Quelle


 
 

b) Ozonloch und Klimawandel im Vergleich aus der Sicht des Allmendeproblems

Ozonschutz und Klimaschutz - was ist beiden Aufgaben gemeinsam, was unterscheidet sie?

Gemeinsamkeiten

 

  • Die Verursacher haben den Nutzen, die Allgemeinheit hat den Schaden: Damit sind beide typische Allmendeprobleme.
  • Es sind global verursachte und global wirkende Probleme.
  • Der Mensch hat sie mit seinem technologischen und zivilisatorischem Fortschritt erzeugt.
  • Der prinzipielle Ablauf: Wissenschaftliche Erkenntnis - öffentliche und politische kontroverse Diskussion - technische Entwicklung von Alternativen - politische Beschlüsse mit Umsetzung ist vergleichbar.

 

Unterschiede

 

  • Der zeitliche Versatz zwischen Ursache und Wirkung ist ein anderer: Beim Ozon betrug er ca. zwei Dekaden, beim CO2 sind es mehr als 50 Jahre.
  • Beim Ozon wirkt die Schädigung auch direkt auf den Verursacher (z. B. Hautkrebszunahme in den USA), beim Klima können sich die Haupterzeuger durch die vorhandene Technologie teilweise am besten schützen (Klimaanlagen, Deiche, künstliche Bewässerung etc.).
  • Ozonschädigende Substanzen haben nur einige Anwendungen, wohingegen klimaschädigende Substanzen quasi allgegenwärtig eingesetzt werden, d. h. technologisch ist das Klimaproblem erheblich umfangreicher.
  • Nach Beendigung der Erzeugung der schädlichen Substanzen kommt die Ozonkonzentration "von selbst" wieder ins Gleichgewicht, auch wenn es Jahrzehnte dauern mag; im Falle des CO2 exisitiert kein Gleichgewicht, die erzeugte Konzentration bleibt bestehen. D. h. das Problem ist nachhaltiger.

 

Historischer Kontext
 

Auslöser 
Die anthropogene CO2-Erzeugung erfolgt in größerem Maß seit Beginn der industriellen Revolution (um 1750), ein wirksamer Anstieg des CO2 in der Atmosphäre kann um 1900 angesetzt werden. FCKW werden seit 1927 erzeugt, ein wirksamer Anstieg erfolgte etwa 1970.

Wissenschaftliche Erkenntnis des Problems

Das Klimaproblem wurde etwa ab den 60er Jahren diskutiert, das Ozonproblem seit den 70ern.

Politische Diskussion

Vorbereitende Gespräche auf globaler Ebene (Vereinte Nationen) fanden für das Klima ab 1992 statt (Rio de Janeiro 1992, später u.a. Kyoto 1997) , für Ozon 1985 in Wien.

Öffentliche Wahrnehmung und Verhalten der Lobbygruppen

Im Falle des Ozonproblems dauerte es weniger als ein Jahrzehnt, bis es von allen wesentlichen Spielern als existent und dringlich anerkannt wird. Im Falle des Klimaproblems dürfte diese Zeitspanne mit ca. 40 Jahren angesetzt werden (sechziger Jahre bis Beginn des 21. Jahrhunderts).

Entwicklung von Ersatztechnologien

Die Industrie arbeitete in beiden Fällen bereits vor der politischen Entscheidung an der Entwicklung von Ersatztechnologien. Im Falle des Ozon dauerte es 10 Jahre bis zum Bann der Hauptverursacher (FCKW), und ca. 30 Jahre wurde mit Übergangslösungen gearbeitet (HFCKW).
Im Falle des CO2 dauert die Entwicklung alternativer Technologien (Energieerzeugung, Verkehr, Heizung und Dämmung, elektrische Verbraucher, industrielle Verfahren) seit den 70er Jahren (Ölkrise - der Anlass war damals noch nicht klimagesteuert) an, d. h. seit über 30 Jahren, und die Ergebnisse sind noch nicht für die Problemlösung ausreichend.

Zahl der wesentlichen politischen Teilnehmer

Das Ozonproblem konnte von relativ wenigen Partnern sinnvoll adressiert werden, das waren die großen Hersteller von FCKW, d. h. USA, einige Länder aus Europa, Japan.

Politische Beschlussfassung

Beim Ozonproblem folgte bereits 2 Jahre auf das globale Vorbereitungstreffen ein Beschluss (Montreal 1987), dem in rascher Folge weitere, verschärfte, ebenfalls bindende Beschlüsse folgten, und die wesentlichen Staaten ratifizierten rasch.
Beim Klimaproblem wurde nach dem Vortreffen (Rio de Janeiro 1992) 5 Jahre später nur ein für einen Teil der Nationen als bindend angesehener Beschluss gefasst (Kyoto 1997), der Versuch einer globalen Übereinkunft 2009 in Kopenhagen scheiterte (Stand 4/2010).

Präzisierung der globalen Maßnahmen

Die Reduzierung ozonschädigender Substanzen wurde in mehreren Schritten den wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst.
Bei der Bewertung der Treibhausgas-Szenarien herrscht noch Unklarheit, und einzelne Nationen / Gruppierungen (z.B. die Europäische Union) streben auf einer international unverbindlichen Basis unterschiedliche Ziele an.

 

Fazit des Vergleichs beider globalen Allmendeprobleme

Die politische globale Gesellschaft löste das Ozonproblem erfolgreich und rechtzeitig - diese Hausaufgaben sind gemacht.
Für die Lösung des Klimaproblems war das eine leichte Vorübung - wegen der technologisch größeren Herausforderung, der höheren Zahl an Entscheidern und des kurzfristig und lokal geringer empfundenen Leidensdrucks wird das Problem der anthropogen verursachten Erderwärmung schwieriger zu lösen sein.





vorherige Seite: Gesundheit